Nikotin
Nikotin (Nicotin), benannt nach Jean Nicot, ist ein Alkaloid, das in der Tabakpflanze und etlichen anderen Nachtschattengewächsen vorkommt. Besonders hoch ist seine Konzentration in den Blättern. In der ganzen Pflanze kommt es mit einem Massenanteil von fünf Prozent vor. Nikotin ist ein starkes (Nerven)-Gift.
Chemie und Eigenschaften:
Reines Nikotin (Summenformel C10H14N2 ) ist bei Zimmertemperatur eine farblose, ölige Flüssigkeit, die sich an der Luft rasch braun färbt. Die chemische Struktur Nicotin - (S)-(L)-3-(1-Methyl- pyrrolidin-2-yl)- pyridin - von Nikotin wurde von Adolf Pinner und Richard Wolffenstein aufgeklärt. Es ist eine wasserlösliche Base.
Nicotiana, so die lateinische Bezeichnung für die Gattung der Tabakpflanzen, erzeugt das Nikotin in ihren Wurzeln. Wenn die Pflanze reift, wandert der Stoff in die Blätter.
Wirkungen von Nikotin im Nervensystem:
Für das Verständnis der Wirkungen von Nikotin ist die Entdeckung bestimmter Rezeptoren (Schlüssel-Schloss-Prinzip) wichtig, an die Nikotin (Schlüssel) andockt und seine Wirkungen entfaltet. Die Rezeptoren sind so genannte nikotinerge Acetylcholinrezeptoren (Schlösser).
Dieser Rezeptortyp befindet sich in verschiedenen Bereichen des Nervensystems (parasympathische und sympathischen Ganglien. Ein Ganglion ist eine Ansammlung von Nervenzellkörpern, aus der eine Verdickung des Nervenstranges resultiert) , im Nebennierenmark, im Zentralnervensystem, an den motorischen Endplatten).
In kleinen Konzentrationen hat Nikotin einen stimulierenden Effekt auf die Ganglien, in höheren Dosen wirkt es Ganglien hemmend.
Wirkungen von Nikotin auf die Körperfunktionen:
Nachdem es in den Blutkreislauf gelangt, fördert es die Ausschüttung des Hormons Adrenalin sowie der Neurotransmitter Dopamin und Serotonin. Die Adrenalinausschüttung führt zur Verengung von Blutgefäßen. Als Folge vermindert sich die Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen.
Nikotin beschleunigt den Herzschlag und erhöht den Blutdruck. Es kommt unter anderem zu einer Abnahme des Hautwiderstandes und einem Absinken der Hauttemperatur.
Zu den zentralen Effekten gehören vor allem die Steigerung der psychomotorischen Leistungsfähigkeit sowie der Aufmerksamkeits- und Gedächtnisleistungen. Diese Steigerung ist allerdings nur von kurzer Dauer. Durch die Nikotinzufuhr verringert sich der Appetit. Es kommt zu einer Steigerung der Magensaftproduktion und zu einer erhöhten Darmtätigkeit. Außerdem ist auch eine antidiuretische Wirkung des Nikotin bekannt. Entzugserscheinungen wie Kopfschmerzen oder Ängstlichkeit können bis zu 72 Stunden andauern.
Niedrige Nikotin-Dosen bewirken:
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Blutdrucksteigerung
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erhöhte Magensaftsekretion
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Tonuserhöhung im Magen-Darm-Trakt
Hohe Nikotin-Dosen bewirken:
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Blutdrucksenkung nach anfänglicher Erhöhung
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Tonusverminderung im Magen-Darm-Trakt
In mittleren Dosen beobachtet man ein Zittern (Tremor) sowie eine Stimulation der Atmung.
Nikotingehalt von Rauchwaren:
Eine Zigarette enthält etwa 12 Milligramm Nikotin, also deutlich mehr als auf der Verpackung angegeben, denn die dortigen Angaben beziehen sich auf die Menge Nikotin im Rauch einer Zigarette. Eine Zigarre enthält rund 50 mg Nikotin.
Toxische Wirkungen:
Nikotin ist sehr giftig für höhere Tiere, da es Nervenzellen blockiert. Reines Nikotin wurde früher im Pflanzenschutz als Pestizid gegen saugende oder beißende Insekten (unter anderem Blattläuse) eingesetzt. Für Pflanzen ist der Stoff gut verträglich und zudem biologisch gut abbaubar. Aufgrund der hohen Toxizität besteht für Nikotin jedoch seit den Siebziger Jahren ein Anwendungsverbot.
Die tödliche Dosis für einen erwachsenen Menschen liegt bei circa einem Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht, damit ist Nikotin giftiger als Arsen oder Zyankali. Akute Nikotinvergiftungen durch Rauchen sind selten, da ein großer Teil des Nikotins nicht eingeatmet wird, sondern in die Umgebungsluft gelangt. Für ein Kleinkind kann aber bereits das Verschlucken einer Zigarette tödlich sein.
Vergiftungserscheinungen sind:
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Erbrechen und Übelkeit
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Kopfschmerzen
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Schwächegefühl in den Beinen
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Tremor (Zittern)
Bei schweren Vergiftungen kommt es zu:
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Atemlähmung
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Herzstillstand
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Koma
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Krämpfen (tonisch-klonisch)
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Schock
Schädigung durch Rauchen:
Die bei lang andauerndem Rauchen auftretenden Schäden sind weniger auf das Nikotin als auf die anderen Bestandteile in Tabakerzeugnissen zurückzuführen. Dazu gehören z.B. Teerbestandteile (aliphatische und aromatische Kohlenwasserstoffe, Phenole u.a.), Alkohole, Amine, Nitrosamine, Ammoniak, Stickstoffoxide und Kohlenmonoxid. Gesichert sind folgende schädigende Wirkungen des Rauchens:
- Begünstigung von arteriosklerotischen Gefäßveränderungen mit der Folge von koronarer Herzkrankheit und anderen Gefäßschäden (Raucherbein)
- Begünstigung von Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren
- Schädigungen an männlichen und weiblichen Keimzellen (Steigerung der Missbildungsrate)
- Steigerung der Frühgeburtenrate und Verminderung des Geburtsgewichts
- Begünstigung von Krebserkrankungen insbesondere Lungenkrebs; das Risiko von Bronchialkarzinomen ist bei schwachen Rauchern (< 10 Zigaretten/Tag) 15mal, bei mittelstarken Rauchern (10-20 Zigaretten/Tag) 18mal, bei starken Rauchern (20-40 Zigaretten/Tag) 40mal, und bei sehr starken Rauchern (> 40 Zigaretten/Tag) 60mal so hoch wie bei Nichtrauchern; auch Kehlkopf-, Mundhöhlen- und Speiseröhrenkrebs kommen bei Rauchern wesentlich häufiger vor im Vergleich zu Nichtrauchern.
Durch das Rauchen werden auch die passiv Mitrauchenden (Passivrauchen) gefährdet, da ein Teil des Nikotins und der flüchtigen Substanzen im so genannten Nebenstromrauch gefährlich hohe Konzentrationen erreichen!
Therapie mit Nikotin:
Nikotin hat ein hohes Suchtpotential, auch gemessen an illegalen Drogen wie z. B. Kokain.
In Form von Kaugummis und Pflastern wird Nikotin unterstützend zur Raucherentwöhnung eingesetzt. Schon nach drei Wochen Nikotinabstinenz ist keine messbare Veränderung der Acetylcholinrezeptoren mehr vorhanden. Während dieser Zeit kann es zu Unruhe und Gereiztheit bis hin zu Aggressivität sowie zu Depressionen kommen. Das Nikotin selbst ist zu diesem Zeitpunkt nicht mehr im Gehirn nachweisbar (bis max. drei Tage nach Beendigung des Nikotinkonsums).
Daraus lässt sich schließen, dass neben der Sucht erzeugenden Wirkung des Nikotins der durch die nicotinerge Stimulation des nucleus accumbens induzierte Lernprozess eine bedeutende Rolle spielt. In geeigneter Weise kann dieser Lernprozess aber nur durch Selbstmotivation oder professionelle Verhaltens- und Gesprächstherapien beeinflusst bzw. umgekehrt werden.
Literatur:
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Mutschler, E.: Arzneimittelwirkungen; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart
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