Schlankheitsmittel
Schlankheitsmittel sind Präparate, die bei eine Gewichtsabnahme unterstützen sollen. Synonyme Begriffe sind Antiadiposita, Anorektika oder Appetitzügler.
Rechtlicher Status der Produkte
Schlankheitsmittel werden sowohl als Arzneimittel als auch als diätetische Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel und als Medizinprodukte angeboten. Dabei gelten lediglich für die als Arzneimittel angebotenen Präparate - zur Zeit sind dies Produkte mit dem Wirkstoff Orlistat - eine Pflicht zum Wirkungsnachweis. Dieser Nachweis ist die Voraussetzung für eine Zulassung als Arzneimittel.
Alle anderen Produkte mit Arzneimittel ähnlicher Aufmachung (Dragees, Kapseln, Tabletten) benötigen lediglich eine Registrierung. Sämtliche Schlankheitsmittel - auch die als Arzneimittel zugelassenen Präparate - gelten als "Lifestyle-Medikamente" und werden von den Krankenkassen nicht erstattet.
Wirkmechanismen der Schlankheitsmittel
Für eine sinnvolle Einteilung der zahlreichen auf dem Markt erhältlichen Präparate bietet sich eine Kategorisierung nach den Wirkmechanismen bzw. typischen Wirkstoffen an. In Warentests der Stiftung Warentest und der Zeitschrift Ökotest wurde die folgende Einteilung vorgenommen:
- Fettblocker/-binder
- die Fettverbrennung stimulierende Stoffe ("Fatburner")
- Kohlenhydratblocker
- Sättigungskapseln mit Gelbildnern und Quellstoffen
Fettblocker/-binder
häufig verwendete Stoffe, die Fett binden bzw. die Fettverdauung hemmen sollen, sind das aus Krebstieren und Pilzen stammende Chitosan, ein Polymer aus N-Acetyl-Glucosamin, sowie ein Feigenkaktusextrakt, der aus der Feigenkaktusspezies Opuntia ficu indica gewonnen wird. Ebenfalls zu dieser Kategorie zählt der Faserstoff Polyglucosamin (L 112), der in dem Medizinprodukt unter dem Namen Formuline L 112 beworben wird.
Zu den Stoffen, die die Fettverdauung hemmen, zählt Orlistat, der als einziger Wirkstoff als zugelassenes Arzneimittel vermarktet werden darf. Ein Handelsname ist Xenical®. Orlistat ist Wirkstoff gleich mit einigen Generica, die etwas anders zusammengesetzt sein können, z.B. andere Hilfsstoffe enthalten, als das unter dem Markennamen bekannte Produkt. Orlistat ist ein Lipasehemmer, hemmt also die Aufspaltung von Fett in Fettsäuren und Monoglyceriden. Ca. 30 % des Fetts werden dadurch nicht resorbiert und folglich energetisch nicht verwertet.
Die Fettverbrennung anregende Stoffe ("Fatburner")
Zu den Stoffen, die die Fettverbrennung anregen sollen, zählen Carnitin, Coffein sowie das vor allem in Bitterorangen vorkommende Synephrin. Dieser Stoff hat eine sehr ähnliche Struktur wie Ephedrin, das als Hauptwirkstoff in der Pflanze Ephedra vulgaris (Meerträubel) vorkommt. Es gehört zu der Gruppe der indirekten Sympatthomimetika, die die Konzentration von Noradrenalin steigern. Eine Appetit hemmende Wirkung ist dokumentiert, allerdings entfaltet Ephedrin starke Nebenwirkungen vor allem im Sinne einer Herz-Kreislauf-Übererregung. Es ist als Wirkstoff bei freiverkäuflichen Arzneimitteln ausdrücklich verboten. Die Verbraucher-Zentrale rät in ihrem Portal "Klartext" von dem Konsum Synephrin enthaltender Mittel ab. Synephrin wird in der Regel nicht offen deklariert, sondern versteckt sich hinter der Zutat Bitterorangenextarkt.
Eine gesteigerte Fettverbrennung insbesondere des Bauchfetts wurde in einer Placebo kontrollierten Doppelblindstudie nachgewiesen mit einem Produkt, dass Extrakte aus Zitrusfrüchten (Grapefruit, Blutorange, Orange) und Guarana enthält. Es kam zu einem signifikanten Rückgang des Hüft- und Taillenumfangs von 5,71/5,15 cm gegenüber Placebo mit 1,42/1,43 cm. Die in der Studie gut belegte Wirkung wird auf die Kombination der Polyphenole mit dem Coffein haltigen Guarana zurückgeführt.
Carnitin wird immer wieder als Stoff beworben, der notwendig ist um Fett zu verbrennen. Dies ist biochemisch korrekt. Umstritten ist allerdings, ob eine erhöhte Carnitinzufuhr als Nahrungsergänzung die Fettverbennung stimuliert. Studien bei hoch Ausdauer trainierten Sportlern zeigten in diesem Zusammenhang entsprechende Effekte. Die Dosierung lag bei 3 g Carnitin pro Tag. Die Gabe von Carnitin mit dem Zweck die Fettverbrennung ohne ein begleitendes Ausdauertraining anzukurbeln ist nach der aktuellen Studienlage nicht sinnvoll.
Coffein ist als Stoffwechsel aktivierende Substanz gut belegt. Die Herz-Kreislauf stimuliernden Effekte bei einer hohen Dosis von Coffein haltigen Getränken wie Kaffee, Grün- oder Schwarztee sind allen Verbrauchern geläufig. Zu den Coffein haltigen Quellen aus der Natur zählt auch Guarana, das deshalb in einigen "Fatburnern" enthalten ist. Neuere Studien belegen, dass die die Fettverbrennung stimulierende Wirkung von grünem Tee nicht nur auf das enthaltene Coffein zurückzuführen ist, sondern auch durch Catechine wie das EGCG (Epigallocatechingallat) erreicht wird. Allerdings sollte wie bei allen Coffein haltigen natürlichen Quellen die individuelle Verträglichkeit beachtet werden. In einigen "Fatburner"-Produkten sind Extrakte aus der Pflanze Garcinia cambogia enthalten. Sie ist auch unter dem Synonym Malabar-Tamarinde bekannt und darf nicht mit der indischen Tamarinde (Tamarindus indica, T. officinalis) verwechselt werden, die als Tamarinde in freiverkäuflichen Arzneimitteln enthalten ist. Als Wirkstoff von Garcinia cambogia gilt Hydroxycitronensäure, die das Enzym ATP-Citrat-Lyase hemmt. Es ist für die Energiebereitstellung im Körper wichtig. Allerdings ist ihr Effekt auf die Fettverbrennung im Körper wissenschaftlich sehr umstritten.
Kohlenhydratblocker
Als Kohlenhydratblocker kommen vor allem Ballaststoff-Komplexe und Proteine aus Hülsenfrüchten (Albumine, Globuline, Gluteline und Lektine) zum Einsatz. In den Werbeaussagen heißt es zum Beispiel "reduziert die kcal-Aufnahme aus Kohlenhydraten um 66%". Gehemmt werden soll die Spaltung der Stärkemoleküle in Mehrfachzucker, um deren Aufnahme in den Stoffwechsel zu verhindern. Substanzen wie das Lektin Phythämagglutinin oder der Enzymhemmer Phaseolin sind in der Ernährungslehre als antinutritive Stoffe bekannt. In hoher Dosierung und bei bestimmten Bohnenarten entfalten sie sogar toxische Effekte. Die Erhitzung von Hülsenfrüchten bei der Zubereitung wird grundsätzlich empfohlen, um solche Stoffe zu inaktivieren.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass als Nebenwirkungen Verdauungsprobleme wie Blähungen oder Probleme beim Stuhlgang genannt werden. Ob diese normalerweise unerwünschten Effekte auf die Verdauung als "Wirkprinzip" in Frage kommen, ist wissenschaftlich nicht geklärt und umstritten. In den meist als Tabletten angebotenen Produkten findet sich als Wirkstoffkomplex überwiegend gereinigter Bohnenextrakt. Studien erbrachten im Hinblick auf die Gewichtsreduktion widersprüchliche Ergebnisse.
Sättigungskapseln mit Gelbildnern und Quellstoffen
In dieser Produktkategorie sind Stoffe mit starker Quellwirkung zu finden. Häufig werden Glucomammane aus der Konjakwurzel verwendet, ebenso Flohsamen und Guarbohnen. Häufig zu finden sind auch Alginate (Salze der Alginsäure), die aus Braunalgen stammen.
Diese Stoffe haben ein hohes Quellvermögen und müssen mit reichlich Wasser eingenommen werden. Sie bewirken infolge der hohen Volumens ein Völlegefühl im Magen, das den Appetit bremst. Für die Alginsäure ist ein Quellvermögen bis zum 300fachen des Trockengewichts nachgewiesen, die Glucomannan-Polysaccharide aus der Konjakwurzel quellen auf das 50fache der eigenen Masse. Studien zum dem das Gewicht reduzierenden Effekt der Quellstoffe erbrachten keine eindeutigen Ergebnisse, die für eine effektive und dauerhafte Gewichtsabnahme sprechen.
Für Glucomannan oder Konjakglucomannan hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) folgende auf die Gesundheit bezogene Aussagen (Health claims) erlaubt:
- Erhalt einer normalen Blutcholesterolkonzentration
- Reduktion des Körpergewichts
Im Detail führt die EFSA weiter aus: "Für die Angabe durch den Herstller, dass ein gewichtsreduzierender Effekt vorliegt, muss das Lebensmittel 1 g Glukomannan pro Portion enthalten. Außerdem sind das Erreichen einer Tagesdosis von 3 g und gleichzeitig eine energiereduzierte Diät erforderlich. Die Einzeleinnahme soll mit 1 - 2 Gläsern vor dem Essen erfolgen."
Problematische und verbotene Substanzen
Die Historie der Schlankheitsmittel zeugt immer wieder von Substanzen, die mit großer Hoffnung auf den Markt kamen. Sie erhielten zum Teil eine Zulassung als Arzneimittel mit der Indikation "Appetitzügler" (Anorektika) und mussten kurze Zeit später aufgrund starker Nebenwirkungen vom Markt genommen werden. Zwei Beispiele sind die Wirkstoffe Rimnobant und Sibutramin.
In einer Meldung des Deutschen Ärzteblattes aus dem Jahr 2008 wird über die europaweite Rücknahme des Antiadipositum Acomplia® (Wirkstoff: Rimnobant) seitens des Pharmaunternehmens Sanofi-Aventis berichtet. Die Europäische Arzneimittelagentur EMEA hatte sich, wegen eines negativen Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Mittels, dafür ausgesprochen die Zulassung ruhen zu lassen.
Ein deutlich erhöhtes Risiko für psychiatrische Nebenwirkungen wie Depression, Schlafstörungen, Angst und Aggression sowie eine erhöhte Suizidgefahr im Vergleich zu Placebo waren der Anlass für diesen Schritt.
Auch der Arzneiwirkstoff Sibutramin, vermarktet als Appetitzügler (Anorektikum) zur Reduktion von starkem Übergewicht (Adipositas), darf seit Januar 2010 nicht mehr mit dieser Indikation angeboten werden. Das als REDUCTIL® im Markt befindliche Produkt hatte den Status eines verschreibungspflichtigen Arzneimittels.
Eine Problematik solcher Stoffe liegt auch darin begründet, dass sie häufig in Schlankheitsmitteln gefunden wurden, die mit der Auslobung ihrer "ausschließlich natürlich vorkommenden Wirkstoffe", geworben haben. Beispiele sind "chinesische Schlankheitskapseln" oder das Mittel "Slimix mit Green coffee beanextrakt", dennen illegalerweise z.B. Sibutramin zugesetzt war. Vor dem Erwerb von Schlankheitsmiteln im Internet-Handel ist daher ausdrücklich zu warnen..
Abführmittel, Diuretika und die Schilddrüse aktivierende Stoffe
Stoffe, die über ihren abführenden und/oder entwässernden Effekt als Schlankheitsmittel verkauft werden, sind ebenfalls sehr bedenklich. Logischerweise kommt es bei solchen Stoffen zu einer kurzfristigen Gewichtsabnahme allein durch den Wasserverlust bzw. die Ausscheidung von Stuhl. Ein solcher Gewichtsverlust ist nur vorübergehend und kann dem Körper zudem essentielle Stoffe wie Mineralien entziehen. Auch kann ein hoher Wasserverlust die Gesundheit gefährden. Vor dem missbräuchlichen Konsum von Abführmitteln (Laxantien) und Entwässerungsmitteln (Diuretika) mit dem Ziel einer Gewichtsabnahme kann daher nur abgeraten werden. Das Gleiche gilt für Stoffe, die die Schilddrüse stimulieren. Dazu gehören Jod und Schilddrüsenhormonpräparate wie Levothyroxin oder Liothyronin. Sie dürfen nur im Rahmenb einer vom Arzt diagnostizierten Schilddrüsenerkrankung genommen werden, keinesfalls in Eigenregie zur Gewichtsabnahme. Die Folge können schwer wiegende Schilddrüsenfunktionsstörungen und -krankheiten sein. Da Jod in einigen Meeresalgen von Natur aus in extrem hohen Mengen vorkommt, werden entsprechende Algenpräparate zur Gewichtsabnahme beworben. Vor der Einnahme solcher Mittel ist ebenfalls dringend abzuraten.
Fazit
Die Schlankheitsmittel können in verschiedene Wirkstoffgruppen eingeteilt werden. Im Vordergrund stehen Appetit mindernde und die Verdauung von Fetten und/oder Kohlenhydraten hemmende Effekte. Auch Stoffwechsel aktivierende Wirkungen vor allem von Coffein und ähnlich wirkenden Substanzen werden beworben. Die Ergebnisse von Studien zu Schlankheitsmittel sind heterogen. In Studien konnten in den meisten Fällen keine überzeugende Verminderung des Körpergewichts gezeigt werden, zum Teil wurden aber auch eine leichte und bei einigen Teilnehmern sogar eine deutliche Gewichtsabnahme nachgewiesen werden. Dies spricht für eine individuelle Ansprechbarkeit auf die jeweiligen Mittel.
Alle Experten sind sich einig, dass eine nachhaltige und dauerhafte Verminderung des Körpergewichtes in erster Linie mit einer Energie reduzierten, vollwertigen Mischkost und ausreichend Bewegung erreicht werden kann und sollte. Eine unterstützende Gabe von Mitteln, die das Sättigungsgefühl erhöhen, die Fettverbrennung optimieren oder auch die Fettverdauung hemmen kann im Einzelfall sinnvoll sein. Wichtig ist dabei allerdings auf die individuelle Verträglichkeit zu achten.
Einige Substanzen wie Rimnobant und Sibutramin wurden nach einer anfänglichen Zulassung aufgrund schwerer Nebenwirkungen wieder vom Markt genommen. Zum Teil wurden diese für die Indikation "Gewichtsabnahme" verbotenen Stoffe in Präparaten gefunden, die im Internet-Handel angeboten werden. Von Produkten, die aufgrund ihrer abführenden, entwässernden oder Schilddrüse aktivierenden Wirkung zu einer kurzfristigen Gewichtsabnahme führen, ist grundsätzlich abzuraten.
Literatur
- Fischer, T.: Wirkstoffe zur Gewichtsreduktion in freiverkäuflichen Abnehmpräparaten in Deutschland; Ernährungs-Umschau 10/2016, M 584 – M 592
- Stiftung Warentest: Da helfen keine Pillen – Schlankheitsmittel; Heft 2/2014, S. 20 – 25
- Ökotest-Magazin: 21 Schlankheitsmittel im Test: Heft Januar 2018, S. 50 - 57
à Algen, Bohnen, Flohsamen, Jod, Schilddrüse