Lebensmittelbezogene Empfehlungen
Lebensmittelbezogene Empfehlungen sollen den Verbraucher befähigen sich möglichst gesund zu ernähren. Sie geben dem Verbraucher einfache und praktikable Hinweise an die Hand, welche Lebensmittel er beim Einkauf eher bevorzugen und welche er eher vermeiden, selten oder in geringen Mengen kaufen sollte.
Die Orientierungsempfehlung erfolgt meist in grafischer Form. Beliebte Darstellungen sind als Kreis (DGE-Ernährungskreis), Dreieck (Ernährungsdreieck des VFED) als Pyramide (aid-Ernähhrungspyramide) .
Geschichte der lebensmittelbezogenen Empfehlungen:
Bereits in den 1960er Jahren veröffentlichte das U.S. Department of Agriculture ein Plakat mit dem Titel „Family Food Guide – some choices for thrifty (= sparsam) families“. Abgebildet waren vier Lebensmittelgruppen, die als unverzichtbar für eine ausgewogene, gesunde Ernährung angesehen wurden: Brot und Getreideerzeugnisse, Milch- und Milchprodukte, Eier-Fisch-Fleisch sowie Obst und Gemüseerzeugnisse. Angesichts des Anstiegs ernährungs-mitbedingter Erkrankungen wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen wurde die Ernährungswissenschaftlerin Luise Light beauftragt eine überarbeitete, stärker an der Gesundheit orientierte Richtlinie zu erstellen. Ihr Vorschlag lag nahe an den heutigen Empfehlungen für eine gesunde, vollwertige Ernährung und wurde vom US-Landwirtschaftsministerium grotesk verzerrt. Das Ergebnis war die 1992 publizierte Ernährungspyramide des U.S. Department of Agriculture mit einer starken Betonung Kohlenhydrat reicher Lebensmittel wie Getreideerzeugnisse und Kartoffeln. Eine Begrenzung von Süßigkeiten und Zucker sowie der Hinweis von Luise Light Vollkornprodukte zu bevorzugen war verschwunden.
Als Erfinderin der Pyramidendarstellung gilt die schwedische Kochbuchautorin Anna Britt Agnsäter, die parallel zu Luise Light an einer einfachen grafischen Darstellung für praxistaugliche Ernährungsempfehlungen arbeitete. Bereits 1972 publizierte sie die erste Ernährungspyramide.
1998 forcierten die FAO und die WHO die Bemühungen um einfache und praktikable auf Lebensmitteln basierende Empfehlungen. Sie erstellten Richtlinien als Grundlagen für Lebensmittel bezogene Empfehlungen in über 100 Ländern.
Grundlagen für die Erstellung lebensmittelbezogener Empfehlungen:
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hält die folgenden sieben Schritte für sinnvoll:
1. Identifizierung von Zusammenhängen zwischen der Ernährung und der Gesundheit
2. Identifizierung von länderspezifischen ernährungsbezogenen Gesundheitsproblemen
3. Identifizierung von kritischen Nährstoffen, die für die Gesundheit der Bevölkerung wichtig sind
4. Identifizierung von relevanten Lebensmitteln und Lebensmittelgruppen, die zum einen reich an den identifizierten Nährstoffen sind und die zum anderen mit gesundheitsfördernden Effekten assoziiert sind
5. Identifizierung von bestehenden Ernährungsmustern in der Bevölkerung sowie von Ernährungsmustern, für die ein Zusammenhang mit der Gesunderhaltung besteht
6. Testen und Optimieren der lebensmittelbezogenen Ernährungsempfehlungen
7. Umsetzung in eine grafische Darstellung
Quelle: European Food Safety Authority (EFSA) (2010) Scientific Opinion on establishing food-based dietary guidelines. EFSA Journal 8: 1460–1502
Für die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, die in Deutschland in erster Linie für wissenschaftlich fundierte Ernährungsregeln zuständig ist, bilden folgende Kriterien die Basis für die wissenschaftliche Seriosität der lebensmittelbezogenen Empfehlungen:
- die Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr
- Daten über kritische Nährstoffe und
- Evidenz basierte Empfehlungen mit einem hohen „Härtegrad"
Grafische und/oder textliche lebensmittelbezogene Empfehlungen:
Bei den lebensmittelbezogenen Empfehlungen in Grafik und/oder Textform sollten Einfachheit und Praktikabilität im Vordergrund stehen. Zentrale Punkte sind:
- kulturelle Akzeptanz (wie z.B. die Berücksichtigung der Essgewohnheiten bestimmter Bevölkerungsgruppen)
- leichte Verständlichkeit
- Praxisnähe
Ein Beispiel für die kulturelle Akzeptanz sind die grafischen Darstellungen in verschiedenen Ländern. So verwendet die DGE einen Kreis und eine dreidimensionale Lebensmittelpyramide, in Japan werden die Empfehlungen in Form eines Kreisels dargestellt und in Belize (Mittelamerika) sind die Lebensmittel auf einem geflochtenen Einkaufskorb präsentiert.
Bei fast allen Darstellungen sind neben den qualitativen Aspekten auch quantitative Empfehlungen (z.B. 5 Portionen Obst/Gemüse) enthalten. Beim DGE-Ernährungskreis sind beispielsweise die Kreissegmente mit den jeweiligen Lebensmittelgruppen unterschiedlich groß, um die quantitative Dimension deutlich zu machen.
Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über gängige und populäre Grafiken mit den anbietenden Organisationen (kein Anspruch auf Vollständigkeit). Auf den jeweiligen Webseiten können Informationsmaterialien wie Poster, dreidimensionale Darstellungen, Flyer und andere Materialien bestellt werden.
Webseiten | Anbieter/Organisationen | Grafik |
---|---|---|
www.bzfe.de | Bundeszentrum für Ernährung (früher aid) | Ernährungspyramide |
www.vfed.de | Verband für Ernährung und Diätetik e.V. | Ernährungsdreieck |
www.logi-methode.de | LOGI (Low Glycemic and Insulinemic Diet) | LOGI-Pyramide |
www.vebu.de | VEBU (Vegetarierbund Deutschland) | Ovo-lakto-vegetarische und vegane Pyramide |
www.peta.de | PETA (People for the Ethical Treatment of animals) | Vegane Pyramide |
www.keto-box.de | rr concept | Keto-Pyramide |
www.paleo360.de | Paleo 360 | Paleo-Pyramide
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Einen individuellen Ansatz bietet die schweizerische Ernährungspyramide. Auf der Webseite www.meinepyramide.ch können Verbraucher in einn interaktiven Dialog eintreten, aus dem stärker auf die Einzelperson zugeschnittene Empfehlungen resultieren. Ein solcher Ansatz ist auch in Deutschland für den Ernährungskreis der DGE geplant unter www.dge-ernährungskreis.de.
Kritik an lebensmittelbezogenen Empfehlungen:
Die häufigsten Kritikpunkte an den grafischen Darstellungen (z.B. Pyramiden) und/oder konkreten Mengenempfehlungen (10 Regeln der DGE) sind:
- zu wenig Spielraum für individuelle Empfehlungen
- kaum Berücksichtigung der Bedürfnisse spezieller Bevölkerungsgruppen
- kaum Berücksichtigung von Lebensmittelunverträglichkeiten
- zu wenig differenzierte Ernährungsempfehlungen innerhalb der einzelnen Lebensmittelgruppen
- Vielzahl von umstrittenen Empfehlungen, denen die wissenschaftliche Basis fehlt
Literatur:
- Bechthold, A. u.a.: Die lebensmittelbezogenen Empfehlungen der DGE; Ernährungs-Umschau
--> Deutsche Gesellschaft für Ernährung (dge), Ketogene Diät, LOGI-Diät, Paläodiät, Vegane Ernährung, Vegetarismus