Histamin-Intoleranz
Die Histamin-Intoleranz (Histaminose) ist eine Unverträglichkeit gegenüber dem biogenen Amin Histamin, das in Lebensmitteln direkt vorkommt oder im Körper freigesetzt wird. Unterschieden werden: die angeborene (primäre) Form der Histamin-Intoleranz (extrem selten) und die erworbene (sekundäre) Form.
Symptome:
Die Symptome können vielfältig sein, da Histamin an zahlreichen Reaktionen im Körper beteiligt ist.
Die Symptome können in verschiedenen Organen, Geweben auftreten:
Allgemein:
- Atemwege: verengte oder rinnende Nase, Atembeschwerden, Asthma bronchiale, Halsschmerzen
- Haut: Ekzeme, Hautrötung, Nesselsucht
- Herz-Kreislauf: niedriger Blutdruck (Hypotonie), Herzrasen (Tachykardie), Herzrhythmusstörungen, Hitzegefühl
- Kopf: Kopfschmerzen, Migräne, Schwindel
- Magen-Darm: Bauchschmerzen, starke Blähungen, Durchfall, Übelkeit/Erbrechen, Magenstechen
Speziell bei Frauen: Blasenentzündung, Dysmenorrhoe, Harnröhrenentzündung und Schleimhautreizungen der weiblichen Geschlechtsteile.
In der Schwangerschaft steigt der Diaminoxidasespiegel meist stark an. Die Symptome verschwinden daher in der Schwangerschaft.
Häufigkeit:
Valide Daten liegen nicht vor. Laut Schätzungen sind ein bis fünf Prozent der Erwachsenen betroffen, davon deutlich mehr Frauen.
Entstehung, Ursachen:
eine wichtige Rolle spielt das Histamin abbauende Enzym Diaminoxidase (DAO). Die Aktivität dieses Enzyms ist bei einer Histaminintoleranz eingeschränkt, sodass durch die Nahrung aufgenommenes und im Körper gebildetes Histamin nicht vollständig verstoffwechselt werden kann.
Rauchen, aktiv oder passiv, scheint ein fördernder Faktor zu sein.
Entscheidend für das Auftreten der Erkrankung ist ein Ungleichgewicht zwischen der Konzentration an Histamin im Gewebe und der Aktivität der DAO. Dieses Ungleichgewicht kommt entweder über einen erhöhten Verzehr bestimmter Lebensmittel und/oder durch eine mangelnde Aktivität des Histamin abbauenden Enzyms zustande.
Lebensmitteleinflüsse:
- Verzehr histaminreicher Lebensmittel
- Verzehr von Histaminliberatoren: dies sind Substanzen, die das im Körper befindliche Histamin freisetzen und somit aktivieren können (z.B. Alkohol, Erdbeeren, Fisch)
- Verzehr anderer biogener Amine: neben Histamin enthalten Nahrungsmittel andere biogene Amine (Serotonin, Tyramin), die auch durch DAO abgebaut werden. Diese werden in der Regel mit höherer Priorität abgebaut, sodass Histamin im Organismus verbleibt.
Enzymaktivität:
- Hemmung der Diaminoxidase - verschiedene Medikamente können die Aktivität des Enzyms DAO vermutlich hemmen.
- Magen-Darm-Infekt: Das Histamin abbauende Enzym befindet sich hauptsächlich in der Dünndarmschleimhaut, so dass es bei Darmerkrankungen zu einer vorübergehenden geringeren Aktivität kommen kann, die aber wieder hergestellt wird, sobald die Erkrankung abgeklungen ist.
- Angeborener Enzymdefekt: Diese sehr seltene Form der Histaminintoleranz beruht auf einem angeborenen Enzymdefekt, durch den das Enzym nicht ausreichend produziert wird.
Diagnostik:
Voraussetzung für weitere diagnostische Schritte ist eine ausführliche Anamnese.
Die orale Provokation mit Histamin ist nicht ganz ungefährlich, daher wird eine mehrwöchige histaminarme Diät empfohlen. Parallel werden Histaminspiegel und die DAO-Aktivität bestimmt.
Auch der Vitamin B6-Spiegel sollte untersucht werden, da die DAO ein B6 abhängiges Enzym ist.
Bei deutlicher Besserung der Symptomatik, geringeren Histaminwerten und erhöhter DAO-Aktivität, ist die Diagnose Histaminintoleranz recht sicher zu stellen.
Andere Intoleranzen (Fruktose, Laktose Intoleranz) oder Lebensmittel-allergien sowie eine Zöliakie sollten vorher ausgeschlossen werden.
Therapie:
Eine zentrale Rolle in der Therapie spielt die Histaminkarenz, d.h. die bei Entstehung/Ursachen genannten Lebensmittel sollten soweit es geht gemieden werden.
Ebenfalls gemieden werden sollten so genannte Diaminoxidasehemmer wie z. B. Alkohol, Medikamente und bestimmte Zusatzstoffe.
Ein weiterer therapeutischer Ansatz ist der Einsatz spezieller Medikamente, die die Aktivität der DAO verstärken. In Frage kommen auch Antihistaminika vom Typ-H1-Rezeptorblocker.
Nahrungsergänzungsmittel, die in Frage kommen, sind Vitamin B6 und Vitamin C, die den Abbau von Histamin evtl. verbessern.
Ernährung bei Histaminintoleranz:
Hilfreich ist eine Liste mit den Histamingehalten entsprechender Nahrungsmittel (aid Infodienst). Es ist allerdings zu beachten, dass der Histamingehalt in Nahrungsmitteln starken Schwankungen unterworfen ist, (z.B. Käse/Wein = 0,4-250 mg Histamin/100g) abhängig von Frische, Reife und Sorte des Nahrungsmittels. Daher sollten einige wichtige Grundregeln beachtet werden.
Frische
- Lebensmittel so frisch wie möglich verzehren.
- Frische Lebensmittel mit relativ hohem Gehalt an biogenen Aminen einschränken, wie Banane, Tomate, Spinat.
- Frischen oder tiefgekühlten Fisch gegenüber geräuchertem, getrocknetem oder gesalzenem vorziehen.
Reifungsgrad
- Genereller Verzicht auf gereifte Lebensmittel.
- Jungen Käse gegenüber altem, lange gereiftem Käse vorziehen.
- Streichkäse und Butterkäse anstelle von Hartkäse verwenden
- Weißwein statt Rotwein nutzen, besonders hohe Werte hat französischer Rotwein, Chianti und Muskat. Spätlesen enthalten mehr biogene Amine als Kabinettweine.
Küchentechnik
- Fisch vor der Zubereitung wässern, da Histamin wasserlöslich ist.
- Kochen, Backen oder Einfrieren ändert den Gehalt an biogenen Aminen im Lebensmittel nicht!
- Der höchste Gehalt an biogenen Aminen befindet sich im Rindenbereich.
- Aufwärmen und lange Lagerung erhöhen in der Regel den Histamingehalt von Lebensmitteln!
Bestimmte Lebensmittel
- Fischsorten wie Makrele, Sardelle, Hering und Thunfisch einschränken/meiden.
- Kochwurst (Fleischwurst) oder gekochter Schinken anstelle von Rohwurst (Salami) verzehren.
- Verzehr von Schokolade einschränken/meiden.
Geeignete Lebensmittel | Ungeeignete Lebensmittel |
Eier, frisch | Soleier |
Fisch, frisch | Geräucherte und marinierte wie Matjes, Rollmops, Tunfisch |
Fleisch, frisch | Geräuchertes, Gesalzenes wie z. B. Bündner Fleisch, Speck |
Gemüse: Blattsalate, Blumenkohl, Brokkoli, Chicorée, Feldsalat, Gurken, Karotten, Knoblauch, Kürbis, Mangold, Paprika, Pilze, Radieschen, Rhabarber, Spargel, Zucchini, Zwiebel | Auberginen, Avocado, Sauerkraut, eingelegtes Gemüse (Rote Bete, Gurken, Zwiebeln), Tomaten, Tomatensaft, Tomatenmark, Spinat, Hülsenfrüchte – speziell Soja |
Getränke: Kaffee, Tee, Wasser | Alkoholische Getränke v. a. Rotwein |
Getreideprodukte wie z.B. Brot, Müsli, Nudeln, Reis | Keime (Weizenkeime) |
Gewürze und Kräuter frisch, Apfelessig | Hefeextrakte, Hefepasten, Rotwein- und Tafelessig |
Kartoffeln | |
Milchprodukte: Butter, Buttermilch, Frischkäse, Jogurt, sehr junge Käsesorten, Milch, Quark, Sahne, | Gereifte Käsesorten, wie Bergkäse, Brie, Camembert, Emmentaler, alter Gouda, Parmesan |
Nüsse | Cashewnüsse, Walnüsse |
Obstarten wie Äpfel, Bananen – nicht zu reif , Blaubeeren, Kirschen, Melonen, Nektarinen, Pfirsiche, Pflaumen, Stachelbeeren, Zitronen | Ananas, überreife Bananen, Erdbeeren, Grapefruit, Himbeeren, Kiwi, Orangen, Papaya, |
Süßwaren | Kakao, Schokolade |
Wurstwaren frisch | Cervelatwurst, Landjäger, Mettwürste, Rohschinken, Salami |
Diaminoxidasehemmer:
Neben alkoholischen Getränken gibt es etliche Medikamentenwirkstoffe, welche die Aktivität des Enzyms Diaminoxidase hemmen können.
Medikamentengruppe | Wirkstoffe |
Antibiotika | Clavlansäure Cycloserin |
Antidepressiva | Amitriptylin |
Antirheumatikum | Chloroquin |
Asthmamittel | Theophyllin |
Herz-Kreislauf-Mittel | Verapamil |
Magen-Darm-Mittel | Metoclopramid |
Narkosemittel | Propanidid |
Schleimlöser | Ambroxol Acetylcystein |
Schmerzmittel | Metamizol |
Einige Zusatzstoffe, v. a. Geschmacksverstärker (Glutamate) stehen ebenfalls im Verdacht den Histaminabbau zu behindern. Diese sollten gemieden werden. Sie sind zu erkennen an den E-Nummern 620 – 625.
Literatur:
- Deutscher Allergie- und Asthmabund: Ausführliche Informationen:
- www.daab.de/ern_histamin.ph
- www.histaminose.de
- Jarisch, R. (Hrsg.): Histamin-Intoleranz; Thieme Verlag
- Jarisch, R. (Hrsg.) Histamin-Intoleranz, Histamin und Seekrankheit; Thieme Verlag
- Schleip, T. : Richtig einkaufen bei Histamin-Intoleranz: Für Sie bewertet: Über 1100 Fertigprodukte und Lebensmittel; Trias Verlag
- Schleip, T.: Hilfe bei Histamin-Intoleranz: Endlich Schluss mit den Beschwerden; Trias Verlag
- Schleip, T. u.a: Köstlich essen bei Histamin-Intoleranz: Unverträgliche Lebensmittel zuverlässig meiden. Vom Snack bis zum Festtagsmenü. Mit vielen abwechslungsreichen Rezepten; Trias Verlag
- www.was-wir-essen.de/infosfuer/histamin_intoleranz.php
Geschmacksverstärker, Histamin, Zusatzstoffe