Krebs
Unter Krebs versteht man in der Medizin bösartige Neubildungen von Zellen. Gebräuchlich ist auch der Begriff Tumor, was übersetzt soviel wie "Geschwulst, Schwellung" bedeutet. Allerdings gibt es auch gutartige (benigne) Tumore. Krebs ist nach den Herz-Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Todesursache in Deutschland.
Einteilung bösartiger Neubildungen und Krebsarten:
Ein Tumor wird in der Regel mit der Endung "-om" gekennzeichnet. Dabei weist der erste, meist lateinische Teil des Wortes auf das Gewebe hin, das die Schwellung verursacht. So bedeutet beispielsweise "Hämatom": "Schwellung aus Blut" - also "Bluterguss", ein "Lipom" ist eine Schwellung aus Fettgewebe, ein "Osteom" ein Knochentumor.
Unterschieden werden:
- solide, also feste bzw. harte Tumoren und bösartige Hämoblastosen, wie z.B. Leukämien. Sie entstehen aus den Zellbestandteilen des Blutes und der blutbildenden Organe. Zu den soliden Tumoren zählen:
- Karzinome aus entarteten Epithelzellen, den "Deckzellen" der Haut, der Schleimhaut sowie aus Drüsenzellen.
- Sarkome aus entarteten Bindegewebszellen als Fibrosarkome, aus Muskelzellen als Myosarkome, aus Fettzellen als Liposarkome, aus Knochenzellen als Osteosarkome u.a.
Prinzipiell kann jedes Organ des menschlichen Körpers von Krebs befallen werden, es gibt jedoch erhebliche Häufigkeitsunterschiede nach Alter, Geschlecht, kollektiver Zugehörigkeit, geographischer Region, Ernährungsgewohnheiten usw. Es sind gegenwärtig etwa 100 verschiedene Krebserkrankungen bekannt, die sich in Überlebenschance, Behandlungsmöglichkeiten und der Bildung von Metastasen teilweise stark unterscheiden.
Häufigkeit von Krebserkrankungen:
Schätzungen (Februar 2008) der Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V. in Zusammenarbeit mit dem Robert-Koch-Institut (RKI) ergaben für das Jahr 2004 etwa 436.500 Krebsneuerkrankungen in Deutschland ; etwa 12.250 Fälle mehr als im Jahr 2002.
Diese Zunahme ergibt sich mit großer Wahrscheinlichkeit durch häufigere Früherkennungsuntersuchungen, bei denen Tumorerkrankungen vermehrt und in früheren Stadien entdeckt werden. Dies gilt besonders für die vermehrte Diagnose von Brustkrebs durch Mammographie, von Prostatakrebs mittels PSA-Testung, von Darmkrebs und des malignen Melanoms der Haut. Die Melderate von Krebsneuerkrankungen an die zuständigen Krebsregister hat sich außerdem erhöht, was die Datenbasis der aktuellen Schätzung verbreitert. Trotz der Fortschritte der Krebsregistrierung in Deutschland gibt es für einige Tumorarten noch Lücken. So werden bislang folgende Krebserkrankungen noch nicht hinreichend vollzählig erfasst: Magenkrebs, Darmkrebs, Gebärmutterhalskrebs, Eierstockkrebs, Krebs der Niere und der Harnblase sowie der Schilddrüse.
Die drei häufigsten Krebsarten bei Männern sind:
- das Prostatakarzinom (mehr als 48.000 Neuerkrankungen pro Jahr),
- der Darmkrebs (etwa 35.000) und
- der Lungenkrebs (rund 32.000).
Die drei häufigsten Krebsarten bei Frauen sind:
- der Brustkrebs (mehr als 55.000 Neuerkrankungen pro Jahr),
- der Darmkrebs (etwa 36.000) und
- Gebärmutterhals- sowie Gebärmutterkörperkrebs (rund 18.000).
Weil immer mehr Frauen rauchen, ist der Lungenkrebs mit mehr als 12.000 Neuerkrankungen pro Jahr inzwischen bis auf Platz vier vorgerückt.
Jedes Jahr erkranken in Deutschland rund 1.750 Kinder unter 15 Jahren an Krebs. Am häufigsten werden in dieser Altersgruppe Leukämien, Tumoren des Gehirns und des Rückenmarks sowie Lymphknotenkrebs diagnostiziert.
Krebs und Alter:
Das Risiko an Krebs zu erkranken, nimmt mit steigendem Alter zu. So zählen einige Tumorarten sogar zu “typischen“ Alterskrankheiten, wie etwa das Prostatakarzinom.
Statistiken erfassen auch die durchschnittliche Überlebensrate von Patienten mit bestimmten Tumorarten. Zwar ist Krebs insgesamt durch die steigende Lebenserwartung häufiger geworden, allerdings sinken die altersstandardisierten Krebstodesraten für Frauen schon seit den 70er Jahren, für Männer seit Mitte den 80er Jahren. Insgesamt lebt heute mehr als die Hälfte aller Krebspatienten noch fünf Jahre nach der Diagnosestellung; diese Zeitspanne bedeutet bei vielen Tumorarten eine gute Chance auf dauerhafte Heilung. Dies gilt besonders für Kinder mit Leukämien und junge Männer mit Hodenkrebs! Auch die Heilungsraten für Dickdarmkrebs und die Überlebenszeiten für Brustkrebs sind deutlich angestiegen.
Eine negative Prognose besteht dagegen bei Patienten mit Bauchspeicheldrüsenkrebs oder Lungenkrebs.
Stadieneinteilung und Verlauf einer Krebserkrankung:
Je nach Ausbreitung und Bösartigkeit (Malignität) werden die Tumore in Stadien nach dem so genannten TNM-System eingeteilt. Es klassifiziert fast alle bösartigen Neubildungen. In der TNM-Einteilung sind lediglich die bösartigen Hämoblastosen, wie z.B. Leukämien und Hirntumoren, nicht mit einbezogen.
Beim TNM-System wird die Tumorausbreitung (Staging) beurteilt:
T = Tumorgröße, wobei T von T1 für kleine Tumoren bis T3 oder T4 für große Tumoren reicht.
N = Lymphknotenbefall: N1 steht für den Befall von Lymphknoten in der nächsten Umgebung des Tumors, N2 und N3 für den Befall weiter entfernter Lymphknoten.
M = Metastasen (Tochtergeschwülste): M1 heißt, dass sich irgendwo im Körper Metastasen gebildet haben.
G = histologische Einteilung (Grading) nach Bösartigkeit (Malignität) des Tumors: G1 (niedrige Bösartigkeit) bis G4 (ausgeprägte Bösartigkeit).
Die Krebserkrankung verläuft in mehreren Schritten. Bei dem so genannten “Dreistufenmodell“ wird die Krebsentstehung in folgende Phasen eingeteilt:
Initiation → Promotion → Progression. Damit wird die häufig viele Jahre andauernde “Latenzphase“ zwischen dem ursprünglichen Defekt in der Erbsubstanz (DNA-Schaden), der letztlich zur Entwicklung einer Kresbzelle führt und dem deutlich erkennbaren Tumor erklärt.
Ursachen der Krebsentstehung:
Ähnlich vielfältig wie die einzelnen Krebsarten sind auch die Ursachen bzw. Auslöser. Der erste Schritt ist immer eine Veränderung im Erbmaterial der einzelnen Körperzelle. Solche Veränderungen können durch äußere oder innere Einflüsse hervorgerufen werden. Bei bestimmten Krebsarten spielt auch die erbliche Veranlagung eine bedeutende Rolle.
Besonders empfindlich ist die Zelle während der Zellteilung; daher sind Zellen, die sich schnell teilen, besonders anfällig. Auch Einflüsse, die das Immunsystem daran hindern, entartete Zellen zu erkennen und zu beseitigen, gelten als krebsfördernd.
Krebs erzeugende Stoffe heißen Cancerogene oder Karzinogene. Diese können bei Menschen und Tieren bösartige Geschwülste erzeugen . Karzinogene umfassen sowohl natürlich vorkommende Stoffe wie Asbest, Aflatoxin in verschimmelten Nahrungsmitteln, Methylcholantren als auch Komponenten von Zersetzungsprodukten wie Benzpyren im Zigarettenrauch und Kohleteer, Nitrosamine oder synthetische Stoffe wie Benzidin, 2-Naphthylamin, Vinylchlorid und Zinkchromat. Zur Einstufung eines Stoffes als Karzinogen dienen entweder vorliegende Erfahrungen beim Menschen oder die Ergebnisse sorgfältig durchgeführter Tierversuche. Die Liste der in der Bundesrepublik als krebserzeugend eingestuften Arbeitsstoffe enthält die Gefahrstoff-Verordnung.
Kokanzerogene sind Stoffe, die meist selbst nicht krebserzeugend wirken, jedoch die Tumorentstehung fördern. Als Krebs erregend gelten zudem:
Physikalische Krebsauslöser
ionisierende Strahlung wie ultraviolettes Licht, Röntgen- oder Gammastrahlung.
Onkoviren
nach Schätzung der amerikanischen Krebsgesellschaft etwa 17% der Krebsfälle; Verschiedene DNA-Viren (z. B. Hepatitis B-Virus (HBV), welches zum Leberzellkarzinom, und HPV, welches zum Zervixkarzinom führen kann).
Verschiedene RNA-Viren
Übergewicht
Ein erhöhter Body-Mass-Index ließ sowohl die (Häufigkeit) Inzidenz, als auch die Sterblichkeit (Mortalität) folgender Krebserkrankungen steigen: Gebärmutterkarzinom, Speiseröhrenkarzinom, Nierenkrebs, Multiples Myelom (Krebserkrankung des Knochenmarks), Bauchspeicheldrüsenkarzinom, Non-Hodgkin-Lymphom, Eierstockkarzinom, Brustkarzinom und Darmkarzinom nach der Menopause. Damit lassen sich laut Studienautoren 5 % aller Krebsfälle auf Übergewicht und Adipositas zurückführen.
Anteil verschiedener Risikofaktoren an der Krebsentstehung | ||
Risikofaktor | Anteil in % | Gefährdete Organe |
Rauchen | 25 – 30 % | Mundhöhle, Speiseröhre, Kehlkopf, Lunge, Bauchspeicheldrüse, Harnblase, Gebärmutterhals, Niere, Blut |
Ernährung | 20 – 40 % | Mundhöhle, Speiseröhre, Kehlkopf, Bauch-speicheldrüse, Magen, Darm, Brust, Prostata |
3 % | Mundhöhle, Rachen, Speiseröhre, Kehlkopf, Leber | |
Berufliche Faktoren | 4 – 8 % | Lunge, Harnblase, lymphatisches System |
Genetische Faktoren | 5 % | Auge, Darm, Brust, Eierstöcke, Schilddrüse |
Infektionen | 5 % | Leber, Gebärmutterhals, lymphatisches System, blutbildendes System, Magen, Nasen-Rachen-Raum |
Luftschadstoffe | 2 % | Lunge |
Ionisierende Strahlung | 1 – 2 % | Blut, Brust, Schilddrüse, Lunge, Haut (UV-Strahl., Knochen, Darm, Speiseröhre, Magen, Leber,Prostata, Blase, Gehirn, Rückenmark |
Quelle: medizinfo.de
Symptome bei Krebs:
Die meisten Krebsarten bereiten im Frühstadium in der Regel keine oder nur leichte Beschwerden. Es gibt jedoch eine Reihe von Warnzeichen, die auf eine bösartige Erkrankung hinweisen können und bei längerem Bestehen auf jeden Fall abgeklärt werden müssen. Dazu gehören:
- Veränderungen der Haut (Warzen, Muttermale)
- anhaltender Husten oder Heiserkeit, blutiger Auswurf beim Husten
- anhaltende Schluck-, Magen-, Darm- oder Verdauungsbeschwerden, Blut im Stuhl
- tastbare Knoten oder Verdickungen unter der Haut / in Brust und Hoden
- ungewöhnliche Monatsblutungen oder Ausfluss
- nicht oder schlecht heilende Wunden und Geschwüre
- geringe Mengen von Blut im Urin, Störungen und Schmerzen beim Wasserlassen
- Schmerzen ungeklärter Herkunft
- anhaltende Appetitlosigkeit und unerklärlicher Gewichtsverlust
- Blässe und Blutarmut, ständige Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Leistungsabfall
- Fieber, Schweißausbrüche, Schwindelgefühl oder Herzrasen
Diagnosestellung:
Neben den genannten Symptomen liefert die Blutuntersuchung u.a. mit Bestimmung von Tumormarkern wichtige Hinweise. Weitere diagnostische Methoden sind:
- Röntgenaufnahmen des Brustkorbs und Ultraschalluntersuchungen (Sonographie) des Bauch- und Beckenraums;
- Sonographie der Leber und die Skelettszintigraphie → Diagnostik von Metastasen (Tochtergeschwülsten);
- bildgebende Verfahren, wie z.B. Computertomographie (CT) und Kernspintomographie (MRT), Gewebeproben (Biopsien) → Informationen über den Tumortyp und seine Aggressivität
- genetische Untersuchungen: für Risikopersonen bei erblich bedingten Krebserkrankungen
Therapie von Krebserkrankungen:
Entsprechend der Vielzahl der verschiedenen Krebserkrankungen unterscheiden sich auch die Behandlungsansätze. Bei jeder Krebserkrankung ist eine individuelle Vorgehensweise nötig. Diese richtet sich primär nach der spezifischen Erkrankung, nach dem Krebsstadium und nach dem Befinden und dem Zustand des Patienten. Nach einer Übersicht des Krebsinformationsdienstes ergeben sich folgende Behandlungsansätze:
· Alternative Methoden · Antihormontherapie · Chemotherapie (Medikamente) · Ernährung · Gentherapie · Herceptin (Antikörper) · Hyperthermie (Überwärmung) · Immuntherapien · Klinische Studien (bei neuen Medikamenten, Geräten und Verfahren) · Misteltherapie
| · Moderne Krebstherapien (Targeted Therapies) · Nahrungsergänzungsmittel · Schmerztherapie · Strahlentherapie · Transplantation von Blutstammzellen · Vitamine und Spurenelemente · Wachstumsfaktoren (Anregen der Blutzellbildung im Knochenmark) |
Vorbeugen von Krebserkrankungen:
Der Europäische Kodex zur Krebsprävention enthält elf Empfehlungen, die sowohl den Risikofaktoren als auch der Früherkennung bestimmter Krebsarten Rechnung tragen:
- auf Tabakkonsum verzichten
- Übergewicht vermeiden
- tägliche körperliche Bewegung
- vitamin- und ballaststoffreiche Ernährung, tierische Fette vermeiden
- Alkoholkonsum reduzieren
- übermäßige Sonnenbestrahlung vermeiden
- vor krebserregenden Stoffen schützen
- regelmäßige Früherkennungsuntersuchung auf Gebärmutterhalskrebs
- regelmäßige Brustkrebs-Vorsorgeuntersuchung
- regelmäßige Darmkrebs-Vorsorgeuntersuchung
- Impfung gegen Hepatitis B-Virusinfektionen
Krebs und Ernährung:
Der Anteil der Ernährung an der Entstehung verschiedener Krebserkrankungen wird auf 35 % geschätzt. Einige Lebensmittel wirken schützend, andere wiederum wirken Risiko erhöhend.
Der Einfluss von Lebensmitteln auf das Krebsrisiko | ||
Lebensmittelgruppe | Krebsarten | Evidenz |
Obst/Gemüse gesamt
Obstverzehr
Gemüseverzehr | ↓ Speiseröhre ↓ Kehlkopf, Mund, Rachen, Niere ↓ Lunge, Magen ↓ Blase, Kolon, Rektum
↓ Kolon, Rektum ↓ Lunge, Ovarien, Magen | *** ** *** **
** ** |
Fleisch gesamt Fleisch rot Fleisch bearbeitet | ↑ Brust ↑ Kolon, Rektum ↑ Kolon, Rektum | ** ** *** |
Fisch | ↓ Kolon, Rektum | ** |
Milch und Milchprodukte | ↑ Prostata ↓ Kolon, Rektum | ** ** |
Eier | ↑ Brust | ** |
Fett gesamt gesättigte Fs |
↑ Brust |
** |
Kohlenhydrate u.a. Glykämischer Index |
↓ Kolon, Rektum |
** |
↑ obere Verdauungsorgane Leber, Brust ↑ Kolon, Rektum, Magen | ****
*** | |
Übergewicht | ↑ Gebärmutter ↑ Brust (postmenopausal), Nierenzellen, Kolon Speiseröhre (Adenokarzinom) | **** ****
|
Körperliche Aktivität | ↓ Kolon, Brust ↓ Prostata, Gebärmutter | **** ** |
↓ Risiko vermindert ↑ Risiko erhöht
**** überzeugend für einen Risiko modifizierenden Effekt *** wahrscheinlich für einen Risiko modifizierenden Effekt ** möglich für einen Risiko modifizierenden Effekt |
Quelle: Ernährungsbericht 2004; Deutsche Gesellschaft für Ernährung
Die Tabelle zeigt eine Zusammenstellung über die Beziehungen zwischen verschiedenen Lebensmittelgruppen und dem Krebsrisiko für bestimmte Krebsarten. Dabei bedeuten:
Ansprechpartner und Literatur:
- Dachdokumentation Krebs: Robert-Koch-Institut: www.rki.de
Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V. www.gekid.de - Deutsche Krebsgesellschaft e.V.: www.krebsgesellschaft.de
- Deutsches Krebsforschungszentrum(dkfz): www.krebsinformation.de
- Statistisches Bundesamt mit allgemeinen Angaben zu Todesursachen, Krankheitshäufigkeiten: www.destatis.de