Schlafstörungen

 

Schlafstörungen sind vielfältig und lassen sich in verschiedene Gruppen unterteilen. Im deutschsprachigen Raum ist die Unterteilung in Ein- und Durchschlafstörungen, übermäßige Tagesschläfrigkeit, störende und krankhafte Begleitsymptome des Schlafes sowie Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus üblich.

Fachbegriffe:

Bezeichnungen im Zusammenhang mit Schlafstörungen sind:

Von Bedeutung für Diagnose und Therapie ist die Unterscheidung von primären und sekundären Schlafstörungen:

Schlafstörungen nach ICD/ICSD:

werden in der “Internationalen Klassifikation von Krankheiten 10“ (ICD-10 = International classification of diseases – aktuell ist die 10. Fassung) unterteilt.

Schlafstörungen nach ICD-10
F51 Nichtorganische
G47 Organische
F51.0
Insomnie
G47.0
Insomnie
F51.1
Hypersomnie
G47.1
Hypersomnie
F51.2
Störungen Schlaf-Wach- Rhythmus
G47.2
Störungen Schlaf-Wach-Rhythmus
F51.3
Schlafwandeln
G47.3
Schlafapnoe
F51.4
Pavor nocturnus = Nachtangst
G47.4
Narkolepsie und Kataplexie
F51.5 Albträume
G47.8/9
Restkategorien
F51.8/9 Restkategorien
G25.8
Episodische Bewegungsstörungen


Quelle: Grözinger, M.: Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universitätsklinik Aachen

Ein genaueres Klassifikationssystem ist die ICSD (= International classification of sleep diseases).

Schlafstörungen nach ICSD-2 2005 kompatibel mit ICD-10

Quelle: Grözinger, M.: Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Universitätsklinik Aachen

Häufigkeit von Schlafstörungen:

Rund ein Drittel der erwachsenen Deutschen ist nach Daten des DEGS1 (= Studie zur Gesundheit von Erwachsenen in Deutschland) von Ein- und Durchschlafstörungen mit “potenzieller klinischer Relevanz (dreimal pro Woche und mehr)“ betroffen. Durchschlafstörungen sind dabei mit 23 % häufiger als Einschlafstörungen mit 11 %. In anderen Ländern wurden ähnliche Häufigkeitsverteilungen ermittelt. Weltweit wurden in epidemiologischen Studien Prävalenzen* zwischen 10 und 30 % für gestörten Schlaf gefunden.

*Prävalenz: Häufigkeit einer bestimmten Krankheit in einer Population zum Zeitpunkt der Untersuchung

Diagnose und Ursachen von Schlafstörungen:

Es gibt zahlreiche Ursachen von Schlafstörungen. Diese können bedingt sein in der Nichtbeachtung der allgemeinen Regeln der Schlafhygiene (Schlaf). Beruflich bedingt spielt hier die Schichtarbeit eine wichtige Rolle. Vor allem Nachtschicht bringt die zirkadiane Rhythmik in ein Ungleichgewicht und kann zu einer Reihe von Folgekrankheiten führen. Die zirkadiane Rhythmik hängt stark von dem bei Dunkelheit produzierten schlaffördernden Hormon Melatonin ab.
Hinzu kommen substanzinduzierte Schlafstörungen, die durch bestimmte anregende Substanzen und Medikamente hervorgerufen werden können(siehe Tabelle).

Substanzinduzierte Schlafstörungen

Quelle: Grözinger, M.: Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Uniklinik Aachen

Beim Schlaf-Apnoe-Syndrom, das charakterisiert ist durch Schlafaussetzer, die infolge Sauerstoffmangels auftreten, spielen anatomisch-physiologisch bedingte Gegebenheiten im HNO-Bereich eine wichtige Rolle. Auch Übergewicht begünstigt das Schlaf-Apnoe-Syndrom, es kommt dann zu einem Teufelskreis. Die Schlaf-Apnoe begünstigt Übergewicht, Übergewicht fördert die Schlaf-Apnoe.

Folgeerkrankungen der Schlafapnoe können Durchblutungsstörungen im Gehirn sein: Schlaganfall- und Arterioskleroserisiko steigen.
Sekundäre Schlafstörungen werden durch Basiserkrankungen ausgelöst, deren Symptome den Schlaf beeinträchtigen.

Die Schlafmedizin ist eine fachübergreifende Disziplin. Der Begriff Schlafmediziner wird zwar verwendet, es gibt jedoch keine einheitliche Fachausbildung. Sehr verschiedene Berufsgruppen wie z. B. Arbeitsmediziner, Biologen, Fachärzte (HNO Ärzte, Kardiologen, Lungenfachärzte, Neurologen), Pharmakologen und Psychologen arbeiten in der Schlafmedizin zusammen.

Therapie von Schlafstörungen:

Die Behandlung von Schlafstörungen richtet sich nach der Diagnose und dem Schweregrad. Wichtige Kriterien sind dabei die Ausprägung des Befindens bei Insomnien wie Angst, Erschöpfung, Müdigkeit, Reizbarkeit und Ruhelosigkeit. Bei den sekundären Schlafstörungen steht die Behandlung der Basiserkrankung im Vordergrund.
Bei Hypersomnien ist es die Häufigkeit unfreiwilliger Einschlafepisoden, gekoppelt mit den Bedingungen der Einschlafsituationen. Sowohl bei Insomnien als auch bei Hypersomnien ist der Grad der sozialen und beruflichen Beeinträchtigung wichtig für die Wahl der Therapie.
Die Therapie von Schlafstörungen ist, wie die unten stehende Tabelle aufzeigt, komplex. Sie richtet sich nach der spezifischen Diagnostik und der individuellen Ausgangssituation des Patienten.

Therapiebausteine

Quelle: Grözinger, M.: Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Uniklinik Aachen

Ein wichtiges Instrument, sowohl bei der Diagnose als auch in der Therapie ist ein Schlaftagebuch. Hier kann der Therapeut wertvolle Hinweise über das Schlafverhalten und über das Einhalten therapeutischer Maßnahmen erhalten. Nachteil ist eine starke Fixierung auf den gestörten Schlaf.

Bei den therapeutischen Interventionen können unterschieden werden:

Nicht medikamentöse Behandlungsansätze:

Behandlung mit speziellen Geräten:

Bei der Schlaf-Apnoe wird über Nacht die kontinuierliche Sauerstoff-zufuhr gesichert. Das Verfahren wird auch als CPAP (Continous Positive Airway Pressure) bezeichnet.

Medikamentöse Therapien:

Seit der Antike werden schlafanstoßende Mittel gegen Schlafstörungen – sogenannte Hypnotika – verabreicht. Nicht selten richteten solche “magischen Mittel“ mehr Schaden als Nutzen an.
Der Übergang zu den Beruhigungsmitteln (= Sedativa) ist fließend. Neuroleptika, auch Antipsychotika genannt, sind Medikamente, die Nerven beruhigend wirken und/oder psychische Erregungszustände dämpfen.
Hypnotika werden hinsichtlich ihres Wirkortes im Gehirn (z. B. limbisches System, Formatio reticularis = Wachzentrum) und aufgrund ihrer Wirkstoffgruppen unterschieden. Die meist verwendeten und verschreibungspflichtigen Hypnotika sind die Benzodiazepine, die primär auf das limbische System wirken. Barbiturate (ursprünglicher Wirkstoff Barbital) sind in ihrer Verwendung mittlerweile stark eingeschränkt. Für den größten Arzneiskandal Deutschlands sorgte die Verschreibung des Wirkstoffes Thalidomid im Schlafmittel Contergan. Bei Schwangeren führte dieses Mittel zu teratogenen Effekten (Missbildungen beim Fötus vgl. “Contergankinder“).
Bei den synthetischen Schlafmitteln unterliegen nur zwei Wirkstoffe aus der Gruppe der H1-Antihistaminika (Diphenhydramin und Doxylamin) nicht der Verschreibungspflicht. Allerdings sollte deren Einsatz nur auf maximal zwei Wochen begrenzt sein.
Wirksame und unschädliche Hypnotika sollten keine/wenige der folgenden Nebenwirkungen haben:

Die hinsichtlich der genannten Kriterien unbedenklichsten “Schlafmittel“ sind die in der Phytotherapie (Pflanzenheilkunde) seit langem bewährten und bekannten Heilpflanzenzubereitungen aus Baldrianwurzeln, Hopfenzapfen, Lavendelblüten, Melissenblättern und das Passionsblumenkraut.
Zu diesen „Beruhigungspflanzen“ zählt traditioneller Weise auch das Johanniskraut, das mittlerweile auch als Spezialextrakt in Antidepressiva verwendet wird. In verschiedenen Fertigpräparaten ist es zum Teil apotheken-/verschreibungspflichtig und hat auch Arzneirisiken wie Gegenanzeigen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen.
Die genannten pflanzlichen Mittel werden alleine oder in Kombinationen in verschiedenen Darreichungsformen wie z. B. Bäder, Dragees, Kapseln, Tabletten, Tees (Filterbeutel, Instant) und auch in der Aromatherapie (Hopfenzapfen, Lavendelblüten, Kräuterkissen) angeboten.

Wichtig: Die erfolgreiche Anwendung setzt die Mitarbeit des Patienten voraus, da sie nicht zentral hypnotisierend wirken. Allgemeine schlaf-hygienische Regeln müssen beachtet werden. Der große Vorteil der natürlichen Einschlafhilfen liegt in ihrem sehr geringen Risikopotential und in ihrer den natürlichen Schlaf anstoßenden Wirkung.

Literatur: