Stress

 

 

 

Der Begriff Stress stammt aus dem Englischen und kommt ursprünglich aus der Prüfung von Werkmaterialien. Auf diesem Gebiet wurde unter Stress die Anspannung, Verzerrung und Verbiegung von Materialien verstanden. In die Biologie wurde der Stressbegriff 1950 von dem Mediziner Hans Selye eingeführt.

Stress in der Biologie:

Bei Mensch und Tier werden unter Stress “die Belastungen, Anstrengungen und Ärgernisse verstanden, denen ein Lebewesen täglich durch Lärm, Hetze, Frustrationen, Schmerz, Existenzangst und vieles andere ausgesetzt ist.“
Selye definierte Stress als Anpassungsreaktion des Körpers auf alles, was die Balance lebenswichtiger Funktionen wie Temperatur oder Blutdruck stört, wie z.B. Angst, Kampf, Isolation, Hitze oder Kälte.

Eustress und Disstress:

Stress ist jedoch nicht nur eine bedeutende Krankheitsursache, in richtiger Dosierung ist die Stressreaktion lebensnotwendig. Ohne Stress können Menschen und Tiere nicht leben. So wie ohne körperliche Anstrengung sich weder Muskeln noch Ausdauer entwickeln, sind auch psychische Belastungen notwendig, um das Verhalten einer sich ständig wandelnden Umwelt anzupassen und Neues zu erlernen. Stress in diesem Sinne wird als positiver Stress bezeichnet, auch Eustress genannt. Stress mit der Folge von Überlastung und geistigen, körperlichen oder psychischen Schäden wird als Disstress bezeichnet.

Die Stressreaktion im Organismus:

Der Körper schüttet bei einer Stressbelastung Hormone aus, die in eine Wechselwirkung mit dem Nervensystem und verschiedenen Organsystemen treten und je nach Zelltyp spezifische Reaktionen auslösen. Dabei kann das gleiche Hormon ein Organ aktivieren und ein anderes hemmen.

  1. Der Thalamus ist die zentrale Schaltstelle für die Nervenstränge der Sinnesorgane. Bei Gefahr stimuliert der Thalamus den Mandelkern – das Angstzentrum im Gehirn – sowie den blauen Kern, der die Stressreaktion auslöst.

  2. Der blaue Kern aktiviert zum einen das sympathische Nervensystem (Sympathikus), das beidseitig entlang der Wirbelsäule verläuft und alle Organe, Muskeln und Gefäße nervlich versorgt. In den Nervenenden wird binnen weniger Sekunden Noradrenalin freigesetzt – ein Botenstoff mit teils aktivierender und teils hemmender Wirkung.

  3. Die Nebenniere produziert einen Großteil der Stresshormone wie z.B. Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol. Die Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin koppeln an zwei Rezeptortypen der Körperzellen. Je nachdem, ob die Organe mit Alpha- oder Betarezeptoren bestückt sind, fördern oder hemmen die Hormone deren Aktivität.

  4. Gleichzeitig wird der Hypothalamus – die Schaltstelle zwischen Nervensystem und Hormonen stimuliert. Die wichtigste Stressreaktion des Körpers beginnt. Der Hypothalamus setzt eine Kettenreaktion von Hormonausschüttungen in Gang: Corticotropin-Releasing-Hormon (CRH) wird ausgeschüttet, das die Hirnanhangsdrüse zwingt, mehr Corticotropin zu bilden. Dieses gelangt über die Gefäße zur Nebennierenrinde, die daraufhin mehr Cortisol produziert. Erreicht die Cortisol-Konzentration im Blut eine bestimmte Konzentration, bremsen Hypothalamus und Hirnanhangsdrüse ihre Hormonproduktion. Die Cortisolkonzentration fällt, die Stressreaktion lässt nach. Noradrenalin zerfällt bereits nach kurzer Zeit, der Körper beruhigt sich.

  5. Die glatte Muskulatur des Darms, des Herzens und der Blutgefäße wird durch Adrenalin und Noradrenalin nur im Beisein von Cortisol beeinflusst. Das Herz schlägt schneller. Bestimmte Arterien sind weit gestellt, damit mehr Blut ins Gehirn, die Lunge, die Leber sowie in Herz- und Skelettmuskeln fließt. Cortisol hemmt den vom Insulin abhängigen Einstrom von Zucker in die Muskelzelle (Insulinresistenz) und sorgt so für eine höhere Blutzuckerkonzentration, um das Gehirn ausreichend mit Energie zu versorgen. Im Gegensatz zu anderen Zellen brauchen Hirnzellen kein Insulin, um Zucker einzuschleusen. Die Muskeln verbrennen bei Stress Fettsäuren statt Zucker, die Verdauungsorgane drosseln ihren Energieverbrauch. Hunger-, Durst- und Sexualtrieb werden unterdrückt.

  6. Akuter Stress aktiviert die Fresszellen des Immunsystems. Die Wirkung von Cytokinen – Botenstoffen, die zwischen Immunzellen vermitteln – wird durch Noradrenalin verstärkt, nach 30 – 60 Minuten durch Cortisol wieder gebremst.

Auswirkungen von Dauerstress:

Kurz einwirkende Stressreaktionen sind für Mensch und Tier nicht gesundheitsschädlich, ja sogar lebensnotwendig. Wirkt Stress jedoch dauerhaft ein, kommt es zu folgenschweren Auswirkungen auf die Organe:

Bauchspeicheldrüse

Cortisol verringert die Wirkung von Insulin auf die Körperzellen (Insulinresistenz) mit der Folge eines dauerhaft erhöhten Blutzuckerwertes. Um diesen zu senken produzieren die Inselzellen der Bauchspeicheldrüse immer mehr Insulin, bis sie erschöpft sind. Das Risiko für Diabetes Typ I und II steigt.

Blutgefässe

Ein dauerhaft erhöhter Blutdruck belastet die Gefäße. Weiße Blutkörperchen haften verstärkt an den Innenwänden – bis sie sich entzünden. Fett, Zucker und verklumpende Blutplättchen verstopfen die Blutbahn, es kann zu Arteriosklerose, Infarkten in Herz, Lunge oder Gehirn kommen.

Geschlechtsorgane

Cortisol im Blut hemmt indirekt die Testosteron-Synthese. Die Libido sinkt, die Hoden produzieren weniger Spermien, Impotenz kann die Folge sein. Bei Frauen ist der Menstruationszyklus gestört.

Immunsystem

  1. Im Knochenmark entstehen Immunzellen wie etwa B-Lymphozyten, Vorläufer und Fresszellen. Die Vorläuferzellen wandern zum Thymus, werden dort zu T-Lymphozyten geprägt. Die Fresszellen dagegen verteilen sich über die Blutbahn im ganzen Körper, wehren Infektionen ab und aktivieren das Immunsystem.

  2. Die Fresszellen produzieren bestimmte Botenstoffe – die Cytokine, die die T-Lymphozyten aktivieren. Diese teilen sich, reifen u.a. zu Helfer – und Killerzellen heran.

  3. Die Helferzellen schütten weitere Botenstoffe aus, die die B-Lymphozyten dazu anregen, sich in Antikörper produzierende Plasmazellen zu verwandeln.

  4. Bei chronischem Stress ist häufig zu viel Cortisol im Blut. Das bremst die Cytokin-Synthese und blockiert damit weitere Schritte der Körperabwehr. Cortisol hemmt zudem direkt das lymphatische System. Manchmal entsteht auch ein Cortisolmangel, und das Immunsystem ist überaktiv. Dies registriert der Hirnstamm, bewirkt Veränderungen von Verhalten und Gemütslage: Mattheit, sozialer Rückzug, Depressionen sind die Folge.

Magen

Noradrenalin verengt die Blutgefäße der Verdauungsorgane. Durch die geringere Durchblutung gelangen nur wenige Immunzellen in den Magen, und, so eine Theorie, der Erreger der Magenschleimhautentzündung kann sich ungestört vermehren. Zudem reagiert der Magen bei Stress womöglich überempfindlich auf Magensäure. Dehnt sich die Magenwand nach dem Essen, entstehen Schmerzen und Übelkeit.

Muskeln

Auch Muskelzellen sprechen weniger auf Insulin an und schleusen weniger Zucker in das Zellinnere. Stattdessen verbrennen sie Fettsäuren. Zudem wird Muskeleiweiß verbraucht – die Leber verwandelt es in Zucker, die Muskeln schrumpfen. Die Nackenmuskulatur wird durch psychische Belastungen dauerhaft aktiviert, was zu Verspannungen führt.

Nervenzellen

Das Gehirn leidet bei chronischem Stress. Bestimmte Cytokine zerstören Nervenzellen. Zu viel Cortisol hemmt die Funktion des Hippocampus – des Hüters der Gedächtniszellen. Langfristig kann er dadurch schrumpfen.

Stresssymptome:

Ausgehend von der “Urstresssituation“ des Menschen, der Konfrontation mit einem wilden Tier bzw. einem gegnerischem Krieger – auch als Fight-or-Flight-Syndrom bezeichnet (Kampf oder Flucht) lassen sich die Stresssymptome in vier verschiedene Bereiche einordnen:

  1. der geistig-gedanklichen Ebene (= kognitive Ebene) die Wahrnehmung ist ausschließlich auf den Stressor gerichtet. Alles andere wird zur Nebensache; auftreten können: Gedächtnisverlust (Blackout), Denkblockaden, negative Progammierungen (das schaffe ich nicht)

  2. der Ebene der Gefühle (= emotionale Ebene) aus dem Grundmuster Flucht oder Kampf können entstehen: Nervosität; Angst bis zur Panik; Ärger bis zu Wutattacken

  3. der Ebene des unwillkürlichen Nerven- und Hormonsystems (= vegetativ hormonelle Ebene) die Stresshormone entfalten ihre Wirkungen im Körper. Als Reaktionen können auftreten: Brustenge, Erröten, feuchte Hände, Herzrasen, Kloß im Hals, trockener Mund, weiche Knie.

  4. der Ebene der Muskulatur (= muskuläre Ebene) die Skelettmuskulatur ist extrem angespannt (tonisiert); die Muskeln sind auf Angriff oder Flucht eingestellt. Symptome können sein: Muskelzucken, Rückenschmerzen, starre Mimik und Gestik, Spannungskopfschmerzen.

Stresstypen:

Frederic Vester, ein Stressforscher, unterscheidet zwei wesentliche Reaktionsmuster bei Stressbelastungen, je nachdem welcher Teil des Nervensystems die Oberhand hat. Er unterscheidet Sympathikotoniker und Vagotoniker.
So sind Sympathikotoniker besonders anfällig für die Krankheiten des Gefäß- und Kreislaufsystems, für Herzinfarkt und Bluthochdruck und reagieren bei Stress stark aggressiv. Vagotoniker dagegen haben eher einen niedrigen Blutdruck bekommen dafür eher Magen- und Darmgeschwüre leiden häufig unter Bronchialasthma und reagieren eher depressiv auf Stress.
Dieser Unterscheidung entspricht in der Psychologie die Unterteilung in Typ A und Typ B Verhalten. Typisch für Menschen mit Typ A Verhalten ist eine Kombination von starkem Leistungsstreben, Konkurrenzdenken, Ungeduld, Perfektionismus, hohem Verantwortungsbewusstsein, Hektik, Aggressionsbereitschaft und starker Zielorientierung. Im Gegensatz dazu werden Menschen, die gelassener auf Stressoren reagieren als Typ B -Menschen bezeichnet.

Stressoren:

Als Stressoren bezeichnet werden alle Ereignisse, die als Schädigung, Bedrohung oder Herausforderung für den Organismus bewertet werden und die Fähigkeiten zur Bewältigung strapazieren oder übersteigen.
In den Anfängen der Stressforschung wurden die so genannten Life-Events als Stressoren hoch bewertet, also Lebensereignisse, die einen starken Einschnitt in den Alltag bedeuten, wie Todesfälle von Partnern, Verwandten, Scheidung, Verlust des Arbeitsplatzes und andere Schicksalsschläge.
Heute liegt der Fokus eher auf den täglichen kleinen Ärgernissen, wie z.B. Lärmbelastung, Arbeitsüberforderung und –unterforderung oder Streit mit Nachbarn. Alle diese kleineren Stressoren sind unterschwellige Dauerstress-Situationen. Der Organismus kommt quasi nie zur Ruhe und ist dauerhaft angespannt.
Die Stärke des jeweiligen Stressors hängt neben der Intensität und der Einwirkungsdauer auch ab von den Erfahrungen, die man schon mit dem Stressor gemacht hat.
Während die Stressreaktion einen bei allen Menschen und höheren Tieren ähnlichen Verlauf nimmt, ist die Wahrnehmung und Bewertung von Stressoren sehr individuell. Was für den einen Menschen eine starke Belastung darstellt, kann für den anderen eine leicht zu bewältigende Aufgabe sein. Vor der Stressbewältigung muss daher eine intensive Analyse der spezifischen Stressbelastung eines Individuums erfolgen.

Stressanalyse:

Die Stressanalyse kann durch eine offene Befragung erfolgen mit Nennung der wichtigsten Stressoren und ihrer Bewertung. Geeignet sind zudem Fragebögen, in denen typische Stressoren aufgelistet sind. Diese werden nach Häufigkeit des Vorkommens und ihrer Belastungsintensität bewertet. Danach können die wichtigsten Stressoren herausgefiltert werden. Die Stressanalyse ist die Voraussetzung für eine effektive Stressbewältigung.

Stressbewältigung:

Ansatzpunkte für die Stressbewältigung lassen sich finden:

  1. bei den Stressoren

  2. beim Menschen selbst

  3. bei der Stresssituation

zu 1: ein Stressor lässt sich komplett ausschalten, vermindern oder auch in der eigenen Bewertung verändern.

Beispiel: Stressor = Überlastung Arbeitsplatz

Stressor ausschalten > Arbeitsstelle aufgeben, sich versetzen lassen

Stressor vermindern > Gespräch mit Vorgesetzten/Kollegen suchen, Belastung versuchen zu verringern

Stressor in der eigenen Bewertung verändern > “bin froh, dass ich so viel zu tun habe, dann werde ich nicht arbeitslos“

Zu 2: eigene Belastbarkeit erhöhen durch Antistresstraining z.B. durch Erlernen von Atemübungen, einer Entspannungsmethode, Mentaltraining oder durch die Ableitung von Stress durch Sport. Einsatz von Naturheilmitteln, Umstellung der Ernährung.
Zu 3: während der Stresssituation ruhig bleiben, “Aufschaukelung“ verhindern.

Oxidativer Stress:

Eine spezielle Stressbelastung stellt der oxidative Stress dar. Der Organismus ist beständig reaktionsfreudigen Formen des Sauerstoffs ausgesetzt. Diese können Signalwirkung für ganz normale zelluläre Prozesse haben, können aber auch toxisch sein. Die vermehrte Bildung solcher Sauerstoff-Formen wird vom Organismus in der Verteidigung gegen Bakterien und Viren genutzt. Überschießende Bildung, auch die Erzeugung am falschen Ort oder zur falschen Zeit, bedeuten jedoch Gefahr. Biomoleküle wie z.B. DNA, Proteine, Lipide, Kohlenhydrate - können betroffen sein.
Gewinnen die oxidationsfördernden Prozesse die Oberhand kommt es zu übermäßigem oxidativen Stress. Dieser kann eine Reihe von Erkrankungen fördern wie z.B. Arteriosklerose, Demenzerkrankungen, Diabetes und viele mehr.
Zur Abwehr des oxidativen Stresses steht eine Vielzahl von Antioxidantien zur Verfügung, Enzyme zum Beispiel oder auch nichtenzymatische Substanzen. Dazu gehören bestimmte Vitamine und Mikronährstoffe, wie Vitamin C, Vitamin E , Provitamin A sowie Selenverbindungen. Starke Antioxidantien liefern auch Gemüse und Obst in Form der sekundären Pflanzenstoffe.

Stress und Nährstoffbedarf:

Stress stellt wie beschrieben hohe Anforderungen an die geistige, körperliche und psychische Belastbarkeit des Menschen. Eine gute Versorgung mit allen lebensnotwendigen Nährstoffen ist daher notwendig, um eine Stressbedingte Schädigung des Organismus zu minimieren.
In der Praxis werden diese Zusammenhänge wenig beachtet. Häufig kommt bei Stressbelastungen ein Teufelskreis in Gang, der zu einem höheren Konsum an Genussmitteln (Alkohol, koffeinhaltige Getränke, Zigaretten) führt sowie zu einer unausgewogenen Ernährung. Die Folge ist eine weitere Schädigung des Organismus, die häufig zu den typischen Stresskrankheiten oder zum so genannten Burnout-Syndrom, einem Gefühl der totalen Erschöpfung und des Ausgebranntseins führt.
Grundsätzlich ist der Bedarf nahezu aller essentieller Nährstoffe im Stress erhöht. Insbesondere der Magnesium- und Vitamin C Bedarf steigen um ein Vielfaches.

Antistressmittel im Reformhaus®:

Das Reformhaus® bietet eine Vielzahl von vollwertigen Lebensmitteln mit einem hohen Gehalt an Vitalstoffen. Einen hohen Gehalt an Antioxidantien haben vor allem Obst- und Gemüsesäfte (Beerenfrüchte!) sowie Trockenfrüchte (Pflaumen!).
Als Nahrungsergänzungsmittel kommen in Frage: Multivitamin- und oder Mineralstoffpräparte.
Speziell zur Deckung des erhöhten Bedarfs: Magnesiumpräparate mit einer Dosierung bis zu 300 mg/Tag sowie Nahrungsergänzungsmittel mit einem hohen Gehalt an natürlichem Vitamin C (z.B. Acerola, Hagebutten, Sanddorn).
Als wichtigste “Antistresspflanze“ im Bereich der Naturheilmittel gilt Ginseng. Die Ginsengwurzel gehört zu den Heilpflanzen mit adaptogener Wirkung, d.h. sie passt den Körper an eine erhöhte Belastung an.
Zu empfehlen sind Mittel mit einer das Immunsystem stärkenden Wirkung wie z.B. Echinacea, oder Sibirischer Ginseng, da Stressbelastungen das Immunsystem schädigen. In Frage kommen zudem Herz- und Kreislauf stärkende Mittel (z.B. Knoblauch, Weißdorn).
Beruhigend, Einschlaffördernd und entkrampfend wirkende Heilpflanzen sind Baldrian, Hopfen, Johanniskraut, Lavendel, Melisse und Passionsblumenkraut. Sie dienen der allgemeinen Beruhigung und fördern einen gesunden Schlaf.

Literatur: