Nanotechnologie
Die Nanotechnologie gilt als Zukunfts- oder Plattformtechnologie,.die in zahlreichen Anwendungsbereichen zum Einsatz kommt, beispielsweise in der Architektur, beim Automobilbau, in der Medizin, der Textilindustrie und zunehmend auch im Kosmetik- und Lebensmittelbereich. Circa 800 Unternehmen in Deutschland, sind in der Nanotechnologie tätig. Die umwälzende technologische Neuerung liegt in der Möglichkeit, biologische Strukturen und synthetische Materialien miteinander zu verbinden.
Nanomaterialien sind solche Werkstoffe, deren Größe unter 100 nm liegt. Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) betrachtet Partikel bis zu 300 nm als Nanopartikel.
Definition und Größenordnung von „nano“:
Die Vorsilbe “nano“ wird Maßeinheiten wie z. B. Meter oder Gramm vorgestellt und steht für einen winzigen (nannos -griech.; nannus -lat. = Zwerg) Bruchteil dieser Einheit. 1 Nanometer entspricht mathematisch der Formel 1 : 109 = 10-9. Nanomaterialien sind solche Werkstoffe, deren Größe unter 100 nm liegt. Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) betrachtet Partikel bis zu 300 nm als Nanopartikel. Zur Veranschaulichung:
1 km = 1.000 m
1 m = 1.000 mm
1 mm = 1.000 µm
1 µm = 1.000 nm
Um die Größenordnung im menschlichen Körper zu verdeutlichen: Ein Eiweißmolekül ist ca. 5 nm lang, eine rote Blutzelle 7.000 nm und ein menschliches Haar 80.000 nm breit.
Eigenschaften von Nanopartikeln:
Stoffe, die als Nanopartikel verwendet werden, verändern ihre chemisch-physikalischen Eigenschaften. Die wichtigste Veränderung ist die enorme Oberflächenvergrößerung. Unter anderem steigen die biologische und die chemische Reaktivität und auch die Aufnahme in biologische Systeme (z. B. Resorption im Darm). Nanopartikel sind unter Umständen in der Lage, biologische “Schranken“ (z. B. Blut-Hirn-Schranke, Plazenta) zu überwinden, die normalerweise als Schutzmechanismen dienen.
Die erhöhte Bindefähigkeit ermöglicht ein leichteres Andocken
an Zelloberflächen.
Zudem können sich Farbe, Festigkeit, Leitfähigkeit oder Löslichkeit stark verändern.
Einsatz von Nanomaterialien im Lebensmittelbereich:
Der häufigste Zweck bei der Lebensmittelverarbeitung ist die Verbesserung von Fließ- und Rieselfähigkeit. Viele Lebensmittel, die in Pulverform angeboten werden, verklumpen bei Zusatz von Nanopartikeln deutlich weniger.
Die Verlängerung der Haltbarkeit von Lebensmitteln kann über antibakterielle und vor UV-Licht schützende Nanopartikel erreicht werden. Das bessere Erkennen von verdorbenen Lebensmitteln, z. B. über Farbveränderung, ist ebenfalls ein Schwerpunkt der Nanotechnologie. Folgende Einsatzbereiche von Nanopartikeln zeigen die Vielfalt der Möglichkeiten:
- Antibakterielle Beschichtung von Küchenutensilien und Lebensmittelverpackungen (direkte Interaktion von Lebensmitteln und Verpackung)
- Antihaftbeschichtungen in Lebensmittelverpackungen, um weniger Dosen- oder Tubenreste zu haben
- Erhöhte Festigkeit von Verpackungen durch abbaubare Biomaterialen
- Essbare Nanopartikel, die auf Lebensmitteloberflächen gesprüht werden, um das Ein- und Austreten von Gasen und Flüssigkeiten zu verhindern oder um Aroma-, Farb-, Geschmacksstoffe und andere Stoffe aufzubringen
- Erhöhung des Mineral- und Vitamingehaltes
- Einschleusung von essentiellen und gesundheitsfördernden Nährstoffen durch den Verdauungstrakt in die Zellen
- Verstärkung der Farb- und Geschmackswirkung
- Packungen, die aktiv auf den Inhalt reagieren, indem sie z. B. bei Verderb eine andere Farbe annehmen
- Aufbereitung von Trinkwasser durch Nanopartikel mittels kleinster Röhren aus Kohlenstoffatomen, die mit bestimmten Chemikalien versehen sind, um Bakterien und Schadstoffe aus dem Wasser zu filtern
- Verhinderung eines grauen Überzuges bei Süßwaren z. B. bei Schokolade
Der Bund für Umwelt- und Naturschutz schätzt, dass mehrere Hundert (150 – 600) Lebensmittel mit Nanopartikeln und ca. 500 Lebensmittelverpackungen mit Nanostoffen auf dem Markt sind.
Risiken für Menschen und Tiere:
Grundsätzlich werden folgende Hauptrisiken im Zusammenhang mit der Nanotechnologie gesehen:
- Nanopartikel sind in der Regel chemisch reaktiver als größere Partikel.
- Nanopartikel werden in der Regel leichter vom Körper aufgenommen.
- Höhere biologische Verfügbarkeit und größere biologische Aktivität können zu höherer Toxizität führen.
- Nanopartikel können die Funktion des Immunsystems beeinträchtigen.
- Nanopartikel könnten zu gesundheitlichen Langzeitschäden führen.
Quelle: Bund für Umwelt und Naturschutz: Endstation Mensch – Aus dem Labor auf den Teller – Die Nutzung der Nanotechnologie im Lebensmittelsektor
Der BUND fordert mehr Untersuchungen, die die möglichen toxischen Wirkungen von Nanopartikeln intensiv untersuchen, um eine größtmögliche Sicherheit bei der Verwendung von Nanopartikeln zu gewährleisten.
Einige Beispiele für eine eventuelle toxische Wirkung sind:
Synthetische Nanomaterialien wirken toxischer als die gleichen Substanzen in größerer Form. Als Beispiel wird Titandioxid angeführt, das in der bisher üblichen Größe als chemisch kaum reaktiver Zusatzstoff in Nahrungsmitteln verwendet wird. Liegt Titanoxid dagegen als Nanopartikel vor, kann es Leber- und Nierenschäden verursachen. Im Laborversuch wurden Schädigungen der DNA und der Zellfunktionen beobachtet sowie eine Beeinträchtigung der Abwehrmechanismen von Immunzellen.
Zink-Nanopartikel sollen toxische Wirkungen, wie Blutarmut und Organschäden haben.
Silber in Form von Nanoteilchen wird Lebensmittelverpackungen sowie Textilien wegen ihrer antibakteriellen Wirkung zugesetzt. Bei Textilien geschieht dies auch mit dem Ziel, unangenehmen Fußgeruch zu beseitigen. Studien haben ergeben, dass nach der ersten Wäsche, Nanopartikel aus Silber abgelöst werden ins Abwasser und damit in die Umwelt gelangen. Im Tierversuch stellten sich Silber-Nanopartikel als hochgiftig auf Keimzellen von Mäusen und Leberzellen von Ratten heraus.
Bei Nanopartikeln aus Siliciumdioxid, die Lebensmittelverpackungen zugesetzt werden, fand man nach Aufnahme in den Zellkern abweichende Informationen für die Eiweißsynthese und eine Hemmung des Zellwachstums.
Rechtliche Aspekte von Nanopartikeln:
Die Kennzeichnung und die Zulassung von Lebensmittelinhaltsstoffen werden in mehreren europäischen Richtlinien und Verordnungen geregelt. Diese sind bindend für die gesamte EU.
Eine grundsätzliche Problematik besteht darin, dass Substanzen, die als “Makrostoff“ zugelassen sind, auch in ihrer “Nanoform“ ohne weitere Genehmigungsverfahren zugelassen sind. Dies gilt auch für ihren Einsatz in Lebensmittelverpackungen.
Von kritischen Organisationen und Verbraucherseite wird gefordert, Substanzen in ihrer “Nanoform“ als neuartige Stoffe zu betrachten und einer vollständigen Sicherheitsprüfung zu unterziehen.
Zusatzstoffe müssen in der EU als E-Nummern gekennzeichnet werden. Keiner Deklarationspflicht unterliegen die Nichtzusatzstoffe wie z. B. Rieselhilfen und andere Verarbeitungshilfen. Auch Nanomaterialien in Lebensmitteln müssen bisher nicht gekennzeichnet werden. Vorgeschlagen wird, bei Zusatzstoffen auf Nano-Basis, die E-Nummerierung um ein “n“ für nano zu ergänzen (Institute of Food Science and Technology (IFST).
Literatur:
- Bundesministerium für Bildung und Forschung: nano.DE-Report 2013
- Bund für Umwelt und Naturschutz: Endstation Mensch – Aus dem Labor auf den Teller – Die Nutzung der Nanotechnologie im Lebensmittelsektor