Ökologischer Landbau
Der ökologische (biologische) Landbau bezeichnet die Produktions- und Verarbeitungsweise von landwirtschaftlichen Erzeugnissen nach bestimmten ökologischen oder umweltschonenden Grundsätzen.
Im Sprachgebrauch werden neben dem Begriff ökologischer Landbau andere, gleichsinnige Bezeichnungen wie "alternativer", "biologischer", "organischer", "kontrollierter" oder "naturnaher" Landbau benutzt.
Die Verkaufsprodukte sind durch eingetragene Warenzeichen gekennzeichnet, die nur bei Einhaltung von exakt festgelegten Produktionsrichtlinien im o. a. Sinn verwendet werden.
Ziele des ökologischen Landbaus:
Im Gegensatz zur konventionellen (traditionellen) Landwirtschaft, die nach den Kriterien der Handelsklassenbestimmungen maximale Erträge erzielen will, versucht der ökologische Landbau optimale Erträge an gesunden, naturnahen Produkten zu erwirtschaften und gleichzeitig einen positiven Beitrag zur Reinhaltung und zum Schutz der Umwelt zu leisten.
- Erzeugung im Einklang mit der Natur
- Anstreben von geschlossenen Stoffkreisläufen
- möglichst geringer Verbrauch von Fremdenergien
- Erhaltung bzw. Steigerung der Bodenfruchtbarkeit
- Erzeugung gesunder Pflanzen und Tierbestände
- Erzeugung ernährungsphysiologisch vollwertiger Lebensmittel
- Schaffung einer sicheren Existenz der Landwirte auf der Basis befriedigender Lebensbedingungen und angemessener Arbeitsverdienste
Richtlinien des ökologischen Landbaus:
Dem Konzept des ökologischen Landbaus liegt ein ganzheitlich orientiertes Denken zugrunde, wonach Boden, Pflanze, Tier, Mensch, Luft und Wasser als biologisches System betrachtet werden, in denen die einzelnen Elemente voneinander abhängig sind und sich gegenseitig beeinflussen.
Die Anwendung von Gentechnik bei pflanzlichen und tierischen Bioerzeugnissen ist verboten. Zwei Ausnahmen werden zugelassen: durch GVO (= gentechnisch veränderte Organismen) hergestellte Tierarzneimittel sowie Zusatzstoffe für Lebensmittel oder Futtermittel, wenn diese verwendet werden müssen und nicht anders als durch GVO hergestellt auf dem Markt erhältlich sind (Art. 22 (2 g) VO 834/2007).
Die wichtigsten Richtlinien für den Pflanzenbau sind:
- Verzicht auf leichtlösliche Mineraldünger, Einsatz von organischem Dünger (Mist, Kompost, Gesteinsmehle u.a.)
- Verzicht auf chemische Pflanzenschutzmittel
- vielseitige und ausgewogene Fruchtfolge
- Anwendung angepasster Maßnahmen der Bodenpflege (Humuswirtschaft, schonende Bodenlockerung, Zwischenfruchtanbau, Stickstoffversorgung ohne mineralischen Stickstoffdünger)
- Auswahl Standort angepasster und widerstandsfähiger Arten und Sorten
Die wichtigsten Richtlinien für die Tierhaltung sind:
- artgerechte Tierhaltung (z.B. keine Käfighaltung bei Hühnern)
- weitestgehende Verwendung betriebseigener, nach den Richtlinien für Pflanzenbau erzeugter Futtermittel. Auch zugekaufte Futtermittel sollen aus ökologischem Landbau stammen
- keine Futterzusätze, außer Mineralstoffmischungen und Vitamine
- medizinische Behandlung der Tiere möglichst mit Naturheilmitteln
Jeder Anbauverband hat darüber hinaus noch weitere, eigene Richtlinien. Ca. 90 % der ökologisch wirtschaftenden Erzeuger arbeiten nach den Richtlinien der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise und des organisch-biologischen Anbaus.
Kontrolle im Ökolandbau
Zur Vermarktung von Bioprodukten ist ein Kontrollverfahren nach der EG-Öko-Verordnung verpflichtend. Bei erfolgreichem Abschluss dieses Prüfverfahrens erhalten die Unternehmen ein Zertifikat der Kontrollstelle. Weitere Kontrollen werden im Mindestabstand von einem Jahr von staatlich zugelassenen, privaten Kontrollstellen durchgeführt. Überprüft werden dabei alle für die ökologische Erzeugung relevanten Betriebsmittel wie z. B. Futtermittel und Saatgut. Die Kontrolle dürfen auch Einsicht in die Buchhaltung nehmen sowie bei Verarbeitungsbetrieben Rezepturen prüfen.
Eine Liste der zugelassenen Ökokontrollstellen in Deutschland ist zu finden unter der Internetseite des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (http://www.bmelv.de)
Gesetzliche Regelungen:
Die bisherige EU-Öko-Verordnung 2092/91 wurde ab 2009 durch die neue Öko-Basisverordnung 834/20071 und ihre Durchführungsverordnungen abgelöst: die Durchführungsverordnung für Erzeugung, Verarbeitung, Kennzeichnung und Kontrolle ökologischer Produkte, die innerhalb der EU erzeugt werden (Durchführungsbestimmungen, VO 889/2008)2 und die Durchführungsverordnung für den Import von Bio-Produkten, die in Drittländern angebaut oder hergestellt werden (Importregelungen, VO 1235/2008)3.
In Deutschland werden die EU-Regelungen national durch das Öko-Landbaugesetz (ab 1.1.2009) flankiert, das spezielle Regelungen zum Kontrollsystem und zu Sanktionsmaßnahmen trifft.
Internationale rechtliche Regelungen
Die Datenbank www.oekoregelungen.de informiert über die gesetzlichen Regelungen und wichtigsten Verbandsrichtlinien für Ökoprodukte in den für Deutschland relevanten Import- und Exportmärkten.
Kennzeichnung von Produkten mit Zutaten ökologischer Herkunft:
Zutatenangabe:
Bio-Produkte mit einem Anteil von mindestens 95 % ökologischer Zutaten landwirtschaftlichen Ursprungs dürfen in der Verkehrsbezeichnung als Bio- oder Öko-Produkte ausgelobt werden.
Ökologische Zutaten mit weniger als 95 % Bio-Anteil in einem konventionellen Produkt dürfen nur in der Zutatenliste als ökologisch gekennzeichnet werden (mit Sternchen und Angabe des Gesamtanteils der Bio-Zutaten landwirtschaftlichen Ursprungs).
Darüber hinaus darf auf verarbeiteten Produkten der Fischerei und Jagd, wenn alle anderen Zutaten außer Fisch und Wild ökologisch sind, auch im Sichtfeld der Verkehrsbezeichnung auf die Bioqualität hingewiesen werden (z. B. Makrele in Bio-Tomatensoße) (Art. 23 VO 834/2007).
Bei allen genannten Varianten müssen die ökologischen Zutaten in der Zutatenliste gekennzeichnet werden (Sternchenkennzeichnung) und die Codenummer (s. u.) erscheinen.
Werden Produkte als Ökoprodukte gekennzeichnet, so muss bei vorverpackten Lebensmitteln mit über 95 % Bio-Anteil auf der Verpackung das EU-Gemeinschaftslogo erscheinen. Unmittelbar unter dem Logo müssen die neue Codenummer (z. B. nach dem Muster DE_000XX_ökologisch) und der Ort der Erzeugung der landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe erscheinen.
EU-Gemeinschaftslogo für Bioprodukte
Herkunftsangabe:
- "EU-Landwirtschaft" = 98 % der Zutaten stammen aus EU-Ländern
- "Nicht-EU-Landwirtschaft" = 98 % der Zutaten stammen aus nicht EU-Ländern
- "EU-/Nicht-EU-Landwirtschaft" = die landwirtschaftlichen Ausgangsstoffe werden sowohl in der EU als auch in einem Drittland erzeugt.
- “Ländername“ = stammen die Zutaten zu 98 % nur aus einem Land, so kann dieses Land als Herkunftsort angegeben werden (Art. 24 VO 834/2007).
Bei aus Drittländern eingeführten Erzeugnissen ist die Verwendung
des Gemeinschaftslogos fakultativ, bei Produkten mit Bio-Anteilen unter 95 % oder Umstellungserzeugnissen hingegen nicht erlaubt. Das deutsche Bio-Siegel und andere privatwirtschaftliche Siegel dürfen weiter verwendet und letztere auch mit sich vom EU-Standard abhebenden Qualitätsaussagen beworben werden (Art. 25 VO 834/2007).
Deutsches Biosiegel
Übergangsfristen für Verpackungen und Kennzeichnung
Bis zur verbindlichen Einführung der neuen Etikettierung bestehen verschiedene Übergangsregelungen. Das Gemeinschaftslogo wird derzeit neu entwickelt und daher erst ab 1.7.2010 verpflichtend. In der Zwischenzeit darf das bisherige Gemeinschaftslogo mit Ähre und Sternenkranz verwendet werden.
Auch die neue Codenummer und die neue Herkunftskennzeichnung dürfen ab 1.1.2009, müssen jedoch ab 1.7.2010 verwendet werden. Produkte, die nach der Verordnung 2092/91 erzeugt wurden, können unbegrenzt abverkauft werden. Alte Verpackungen können bis zum 31.12.2011 aufgebraucht werden, wenn die Produkte ansonsten die Vorgaben der Verordnung 834/2007 erfüllen.
Anbauverbände in Deutschland:
Die Anbauverbände des ökologischen Landbaus haben in Deutschland die Richtlinien für den ökologischen Landbau entwickelt.
Die Verbände haben ihre eigenen Richtlinien, für deren Einhaltung sie das jeweilige Siegel ihres Verbandes vergeben
Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) (seit März 2002 Nachfolgeorganisation der AGÖL) repräsentiert als Spitzenverband die ökologischen Lebensmittelwirtschaft.
“Ziel des BÖLW ist es, die Entwicklung der ökologischen Lebensmittelwirtschaft zu fördern und ihre gemeinsamen Interessen zum Ausdruck zu bringen. Er hat sich zur Aufgabe gemacht, die Qualitätssicherungssysteme weiterzuentwickeln, die Entwicklung einer leistungsfähigen und krisenfesten Kommunikationsstruktur der ökologischen Lebensmittelwirtschaft zu fördern und ein Forum für die Begegnung ihrer Akteure zu schaffen.
Die Richtlinien der Verbände des ökologischen Landbaus werden kontinuierlich weiterentwickelt, neue Erkenntnisse und Erfahrungen werden integriert.“
Quelle: www.soel.de/fachthemen/richtlinien_kontrolle.html
Auf internationaler Ebene ist die IFOAM, die internationale Vereinigung ökologischer Landbaubewegungen, für die Kontrolle der Landbaurichtlinien ihrer Mitgliedsorganisationen verantwortlich.
Bedeutung für die Umwelt und Gesundheit:
In Tierversuchen wurde ermittelt, dass - bei gleichem Nährstoffgehalt - Futter aus ökologischem Anbau günstigere Wirkungen auf die Fruchtbarkeit und Gesundheit der Tiere hat als konventionell erzeugte Nahrung.
Auch ökologisch produzierte Ware kann wegen der allgemeinen Umweltverschmutzung nicht mehr absolut frei von Schwermetall- und/oder Pestizidrückständen (Pflanzenschutzmittelrückstände) sein. Hinsichtlich der Rückstandsbelastung mit Pestiziden liegen zwar einige eindeutige Ergebnisse zugunsten der Bio-Produkte vor, die aber für eine klare, allgemeingültige Aussage nicht ausreichen.
Bei den Schwermetallen und Luftverschmutzungsprodukten, wie z. B. chlorierte Kohlenwasserstoffe, gibt es keine Unterschiede. Aufgrund der Richtlinien des ökologischen Landbaus werden jedoch keine zusätzlichen Schadstoffe in den Ernährungskreislauf eingebracht. So ist z. B. in Gemüse aus ökologischem Anbau aufgrund des Verzichts auf anorganische Stickstoffdünger mehrfach ein geringerer Nitratgehalt nachgewiesen worden.
In pflanzlichen Produkten des ökologischen Landbaus findet man wegen des relativ geringeren Wassergehalts häufig höhere Werte bei den wertgebenden Inhaltsstoffen. Auch gibt es Untersuchungen, die einen höheren Spurenelementanteil und bessere Lagerfähigkeit der Produkte nachweisen. Hierzu liegen allerdings widersprüchliche Untersuchungen vor.
Zudem besteht kein Zweifel daran, dass eine artgerechte Tierhaltung, hochwertiges Futter sowie der Verzicht auf über 500 zugelassene pharmakologisch wirksame Futtermittelzusatzstoffe und Tierarzneimittel einen positiven Einfluss auf die Qualität der tierischen Erzeugnisse einer ökologischen Wirtschaftsweise haben.
Bewertung:
Der Wert eines Lebensmittels wird heute nicht mehr allein über den Nährstoffgehalt, den Geschmack und das Aussehen bestimmt. Eine wertvolle und zeitgemäße Ernährung muss sich zusätzlich durch einen möglichst niedrigen Fremdstoffgehalt (Schadstoffe, Rückstände, Zusatzstoffe) und durch eine umweltschonende Erzeugung und Verarbeitung auszeichnen. Diesem Anspruch werden die Erzeugnisse aus einer ökologischen Wirtschaftsweise am ehesten gerecht. Sie sind von daher als aktiver Beitrag zum Umweltschutz in der Ernährung zu bevorzugen.
Produkte mit einem neuform Qualitätszeichen aus ökologischem Landbau:
- Angebot zahlreicher ökologisch angebauter und umweltfreundlich verarbeiteter und verpackter Produkte.
Literatur und Adressen:
- AID-Verbraucherdienst: Broschüre "Nahrungsmittel aus ökologischem Landbau- Kleine Warenzeichenkunde"
- Kickuth, R.: Die ökologische Landwirtschaft, Verlag C.F.Müller
- Kallenbach, U.: Vollwerternährung und Öko-Landbau; Stiftung Ökologischer Landbau
- www.oekolandbau.de
- Stiftung Ökologie & Landbau (SÖL), Weinstraße Süd 51 / Postfach 1516, D-67089 Bad Dürkheim, Tel. +49/(0)6322/98970-0, Fax +49/(0)6322/98970-1, E-Mail info@soel.de
www.soel.de - Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft, Marienstr. 19-20, 10117 Berlin, Tel. 030.28482300 Fax 030.28482309, info@boelw.de
www.boelw.de