Nahrungsergänzungsmittel
Nahrungsergänzungsmittel, im folgenden NEM genannt, sind Stoffe, die die tägliche Ernährung ergänzen sollen. In Deutschland greifen rund 30 -50 % der Bevölkerung regelmäßig zu NEM. Im Wesentlichen soll mit ihnen sichergestellt werden, dass Mangelerscheinungen mit essentiellen Nährstoffen wie z.B. Mineralstoffen und Vitaminen vermieden werden. Zu den NEM zählen neben Nährstoffen wie Mineralstoffen und Vitaminen auch „sonstige Stoffe“ wie z.B. Pflanzen- und Kräuterextrakte.
Rechtliche Aspekte der Nahrungsergänzungsmittel
Nahrungsergänzungsmittel zählen rechtlich zu den Lebensmitteln und unterliegen den Gesetzen des Lebensmittelrechts. Spezielle Vorschriften für Nahrungsergänzungsmittel enthält die am 28.5.2004 in Kraft getretene nationale Nahrungsergänzungsmittel-Verordnung (NemV)
Diese wurde auf der Basis der europäischen Richtlinie 2002/46/EG erstellt. In ihr werden die europäischen Richtlinien zu NEM in deutsches Recht umgesetzt. Sie enthält neben der grundlegenden Definition von NEM unter anderem Vorschriften zur Zusammensetzung, zur Kennzeichnung und zur Anmeldung von NEM.
Nahrungsergänzungsmittel müssen nur angemeldet werden und durchlaufen, anders als Arzneimittel, kein Zulassungsverfahren. Die Anmeldung erfolgt durch eine Anzeige beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BLV).
Verpackung von Nahrungsergänzungsmitteln
NEM werden in Darreichungsformen und Verpackungen angeboten, die denen von Arzneimitteln sehr nahe kommen. Dies sind z.B. Ampullen, Flaschen mt Tropfeinsätzen, Kapseln, Pulverbeuteln, Tabletten und vieles mehr.
Abgrenzung von Nahrungsergänzungsmitteln zu anderen Mitteln
Da NEM häufig in einer Arzneimitteln ähnlichen Aufmachung (Dragees, Kapseln, Tabletten) angeboten werden, fällt dem Verbraucher die Abgrenzung zu Arzneimitteln oder auch Medizinprodukten häufig nicht leicht. Dies ist auch ein Kritikpunkt der Verbraucherorganisationen, für die eine klare und eindeutige Unterscheidbarkeit mit den aktuellen Regelungen nicht gegeben ist.
Erlaubte Stoffe in Nahrungsergänzungsmitteln
In der NEM-Verordnung in Deutschland heißt es nach § 1 Absatz 2 wörtlich:
„Ein NEM ist ein Lebensmittel, das ein Konzentrat von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung allein oder in Zusammensetzung darstellt.“
Als „Nährstoffe im Sinne der Verordnung“ werden Vitamine, Mineralstoffe, einschließlich Spurenelemente definiert.
Nicht näher definiert sind dagegen „sonstige Stoffe mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung. Demnach ist die Auswahl der in Frage kommenden Stoffe recht groß und nicht näher eingegrenzt. In der europäischen NEM-Richtlinie (2002/46/EG), die die Basis für die deutsche Verordung zu den NEM bildet, werden folgende Stoffe aufgezählt:
- Algen und Flechten
- Aminosäuren
- Ballaststoffe
- essentielle Fettsäuren
- Kräuter und Pflanzenextrakte (Botanicals*)
- Mikroorganismen
Eine quantitative und/oder qualitative Regelung im Sinne von Qualitätsstandards zu diesen „sonstigen Stoffen“ mit „ernährungsspezifischer Wirkung“, gibt es nicht.
*Als "Botanicals werden sowohl Kräuter- und Pflanzenextrakte als auch Produkte daraus verstanden.
Markt für Nahrungsergänzungsmittel
Nach Angaben des Lebensmittelverbandes Deutschland (vor 2019: Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde, BLL) lag der Gesamtumsatz für NEM bei 1,439 Milliarden € in Deutschland (2018). Die meist verkauften NEM sind in der folgenden Tabelle dargestellt:
Vitamine | Menge* | Mineralstoffe | Menge* |
---|---|---|---|
Vitamin C | 29,2 | Magnesium | 36,8 |
Multivit. mit Mineralien | 17,5 | Calcium | 16,4 |
Multivit. ohne Mineralien | 7,2 | Sonstige Mineralien | 11,1 |
Vitamin B12 | 5,7 | Säure-Basen regulierende Stoffe | 3,3 |
Vitamin A/D | 5,7 | Zink | 3,0 |
Vit.-B-Komplex | 4,2 | Kalium | 1,9 |
Quelle: https://www.lebensmittelverband.de/de/verband/wir-ueber-uns
* in Millionen Verpackungen
Regelungen zu Höchstmengen
In der o.g. NEM-Richtlinie (2002/46/EG) der EU sind Höchstmengen für Nährstoffe, also Vitamine und Mineralstoffe, für diese Produkte vorgesehen. Die rechtlich verbindliche Umsetzung ist in den einzelnen EU-Staaten unterschiedlich weit fortgeschritten. So haben Dänemark, Frankreich, Italien, Luxemburg und Norwegen Höchstmengen in NEM gesetzlich festgeschrieben, in Deutschland dagegen ist die nationale Umsetzung in geltendes Recht noch nicht erfolgt.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat im Jahre 2004 Höchstmengenempfehlungen für NEM veröffentlicht und am 04.01.2018 aktualisiert. Diese Empfehlungen sind für die Kontrollinstanzen der Lebensmittelüberwachung gesetzlich nicht bindend. In diesem Zusammenhang fordern Verbraucherorganisationen national verbindliche Richtlinien, um einer Überdosierung von NEM entgegenzuwirken.
Kennzeichnung von NEM
In der folgenden Übersicht sind die Pflichtangaben für eine ordnungsgemäße Kennzeichnung der NEM übersichtlich dargestellt:
- Bezeichnung „Nahrungsergänzungsmittel“
- Name der Kategorie von Nährstoffen oder sonstige Stoffen
- Empfohlene tägliche Verzehrsmenge in Portionen
- Warnhinweis: "Die angegebene empfohlene tägliche Verzehrsmenge darf nicht überschritten werden."
- Hinweis: „Das NEM darf nicht als Ersatz für eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung dienen.“
- Hinweise: „Produkt darf nicht in Reichweite kleiner Kinder aufbewahrt werden.“
- Zusätzliche Informationen auf der Verpackung: Menge der verwendeten Nährstoffe oder sonstigen Stoffe sowie bei Mineralstoffen und Vitaminen der Prozentsatz der in der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 angegebenen Referenzwerte
- Auf allen NEM ist, wie für LM vorgeschrieben, eine vollständige Zutatenliste zu finden.
Kritik und Forderungen der Verbraucherverbände
Kritik an der bestehenden Praxis des Verkehrs mit NEM kommt in erster Linie von Verbraucherorganisationen und -verbänden. Die wichtigsten Kritikpunkte sind:
- NEM müssen nicht wie z.B. Arzneimittel zugelassen werden; eine Anzeige beim BLV genügt
- Eine klare und eindeutige Abgrenzung zu anderen Produkten, wie z.B. Arzneimittel oder Kosmetika, ist nicht gegeben
- Es fehlen qualitativ und quantitativ basierte Regelungen vor allem in Bezug auf die „sonstigen Stoffe“
- Es gibt keine rechtlich verbindlichen Höchstmengenregelungen für Mineralstoffe und Vitamine
- Zahlreiche NEM sind mit problematischen Substanzen, wie z.B. Hormonen, verunreinigt
Aus diesen Kritikpunkten resultieren folgende Forderungen der Verbraucherorganisationen:
- Höchstmengenregelungen für Mineralstoffe und Vitamine
- Meldestelle für unerwartete Nebenwirkungen von NEM
- Öffentlich zugelassenes Verzeichnis für NEM
- Positvliste für „sonstige Stoffe“
- Schutz des Verbrauchers vor Gesundheitsrisiken durch NEM
- Zulassungsverfahren für NEM
„Kritik an der Kritik“ von Befürwortern von NEM
Befürworter von NEM halten eine generelle Abwertung dieser Produktgruppe für unsachlich und wissenschaftlich nicht haltbar. Die wesentlichen Gegenargumente zu häufig geäußerten Ansichten über NEM sind:
- Die Argumentation, dass NEM bei einer gesunden und ausgewogenen Ernährung überflüssig seien, mag stimmen. Laut zahlreicher Studien über das Ernährungsverhalten in Deutschland und anderen Industrienationen ist ein Großteil der Bevölkerung mit speziellen Nährstoffen wie z.B. Folsäure oder Jod unterversorgt. Daher verbessert eine gezielte und individuell angepasste Nahrungsergänzung die Ernährungssituation vieler Menschen.
- Grundsätzlich kommt es bei NEM wie auch bei Lebens- und Arzneimitteln auf die Qualität der enthaltenen Stoffe an; zu unterstellen, NEM seien grundsätzlich von minderer Qualität und gefährlich, ist nicht haltbar. Grundsätzlich können folgende Empfehlungen gegeben werden:
- Unbedingt auf die Qualität der Nahrungsergänzungsmittel und die Seriosität der Anbieter achten. Beispielsweise garantiert das neufom-Qualitätszeichen die ausschließliche Verwendung von natürlichen und unbedenklichen Stoffen und Zusatzstoffen
- Eine Hilfe bei der Kaufentscheidung, besonders für Sportler, ist die "Kölner Liste" (https://www.koelnerliste.com/). Dort sind nur solche NEM aufgelistet sind, die frei von Doping relevanten Substanzen sind. Verbunden mit der Aufnahme in die Kölner Liste ist eine vorherige Überprüfung auf solche unerlaubten Inhaltsstoffe.
Weitere häufig geäußerte Kritikpunkte beziehen sich auf die Gefahr einer Überdosierung, auf Verunreinigungen und auf Nebenwirkungen. Hierzu nehmen die Befürworter von NEM wie folgt Stellung:
- Die Gefahr der Überdosierung wird übertrieben. Es wird unterstellt, dass sich die Verwender von NEM grundsätzlich nicht an die auf der Verpackung vorgeschriebenen Empfehlungen halten
- Verunreinigungen kommen auch bei Arzneimitteln vor, nicht nur bei NEM
- Nebenwirkungen treten auch bei Arzneimitteln auf; sie sind kein Alleinstellungsmerkmal von NEM
Literatur
- Dickmann, F. (Hrsg.): Nahrungsergänzung und spezielle Lebensmittel; Behr’s….Verlag
- Gitter, C.: Ist das gesund oder kann das weg – wirklich alles über Nahrungsergänzungsmittel; Droemer Verlag
- https://www.klartext-nahrungsergaenzung.de/
- https://www.lebensmittelverband.de/de/verband/wir-ueber-uns
- https://www.efsa.europa.eu/de/topics/topic/botanicals
⇒ Aminosäuren, Arzneimittel, Ballaststoffe, Fett, Folsäure, Jod Mineralstoffe, Nährstoffe, Referenzwerte, Vitamine