Hashimoto-Thyreoiditis
Die Hashimoto-Thyreoiditis – kurz "Hashimoto" genannt - ist eine chronische, dauerhaft anhaltende Entzündung der Schilddrüse. Ihren Namen hat die Krankheit von dem Entdecker, dem japanischen Arzt Hakaru Hashimoto (1881 – 1934). Ein Fachbegriff für die Hashimoto-Thyreoiditis lautet: chronisch lymphozytäre Thyreoiditis. Im angelsächsischen Sprachraum wird die Krankheit als autoimmune Thyreoiditis bezeichnet.
Häufigkeit der Hashimoto-Thyreoiditis
Die Hashimoto-Thyreoiditis ist die häufigste Schilddrüsenerkrankung sowhl im Erwachsenenalter als auch bei Kindern und Jugendlichen. Rund 2 % der Bevölkerung ist betroffen. Frauen sind ca. 10mal häufiger betroffen als Männer. Hashimoto-Thyreoiditis tritt meist im Alter zwischen 30 und 50 Jahren auf. Oft fällt der Beginn der Erkrankung mit den Wechseljahren zusammen.
Ursachen der Hashimoto-Thyreoiditis
Sie wird durch eine Fehlsteuerung des Immunsystems, einer sogenannten Autoimmunreaktion, hervorgerufen. Dies bedeutet, dass sich das körpereigene Immunsystem gegen das Schilddrüsengewebe richtet und dieses bekämpft. Eine genetische Veranlagung ist nachgewiesen. Die Hashimoto-Thyreoiditis geht häufig mit anderen Autoimmunerkrankungen einher wie z.B. Diabetes Typ I, der Weißfleckenkrankheit (Vitiligo) und/oder Zöliakie. Bestimmte Schilddrüsenantikörper können nachgewiesen werden (siehe auch Diagnostik).
Symptome der Hashimoto-Thyreoiditis
Prinzipiell können Beschwerdebild und Ausprägungsgrad der Hashimoto-Threoiditis von Person zu Person sehr unterschiedlich sein. Die Hashimoto-Thyreoiditis wird daher auch als „Chamäleon“ der Schilddrüsenerkrankungen bezeichnet.
Da die Schilddrüse eine Vielzahl körperlichern Funktionen und Reaktionen steuert, sind die Symptome vielfältig und auch Phasen abhängig. Je nach Verlauf der Schilddrüsenentzündung stehen Symptome im Vordergrund, die eher in Verbindung mit einer Unterfunktion stehen, also Antriebslosigkeit, Müdigkeit und Verlangsamung des Stoffwechsels. Andererseits können auch Symptome einer Überfunktion auftreten wie erhöhter Puls, eine gesteigerte Stoffwechselaktivität sowie innerliche Unruhe. Die Überfunktion ist allerdings nur für einen Teil der Patienten symptomatisch. Sie ist relativ selten und spiegelt einen plötzlichen und intensiven Beginn der Hashimoto-Erkrankung wider. Sie wird auch als „Hashitoxikose“ bezeichnet. Der Grund für die rund vier- bis sechswöchige Phase der Überfunktion liegt in der raschen Zerstörung der Schilddrüsenzellen, durch die größere Mengen an Schilddrüsenhormonen freigesetzt werden. Nach einer solchen akuten Phase überwiegen die klassischen Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion. Die folgende Tabelle zeigt die Symptome bei Schilddrüsenunter- und -überfunktion. Deutlich wird, dass diese sich meist konträr äußern.
Diagnostik der Hashimoto-Thyreoiditis
Die Diagnostik von "Hashimoto" erfordert die Bestimmung bestimmter Schilddrüsenwerte (siehe Tabelle) sowie eine Ultraschalluntersuchung. Einer der wichtigsten Werte ist der TSH-Wert. TSH steht für Thyroidea stimulierendes Hormon. Dieses wird von der Hypophyse im Gehirn ausgeschüttet, um die Schilddrüse zur Sekretion von Schilddrüsenhormonen (T4 und T3) zu aktivieren. Kann die Schilddrüse aufgrund einer Zerstörung von Schilddrüsengewebe nicht genügend Schilddrüsenhormone bilden, schüttet die Hypophyse vermehrt TSH aus, um die Schilddrüsenhormonsekretion zu fördern. Umgekehrt bewirkt die Sekretion von Schilddrüsenhormonen eine sogenannte negative Rückkoppelung, indem T3 und T4 an der Hypophyse die Ausschüttung von TSH hemmen. Dadurch wird die Stimulierung der Schilddrüse wieder heruntergefahren. Bereits ein TSH-Wert von 4,0 µU/ml, der in der Vergangenheit als „hochnormal“ galt, kann auf eine Hashimoto-Thyreoiditis hinweisen.
Die folgende Übersicht zeigt solche diagnostischen Merkmale:
Quelle: Feldkamp, J.: Gut leben mit Hashimoto; Trias Verlag
Eine Schilddrüsenszintigrafie, ein nuklearmedizinisches Verfahren zur Untersuchung der Schilddrüse, oder eine Feinnadelpunktion der Schilddrüse sind in den meisten Fällen diagnostisch nicht zwingend erforderlich.
Verlaufsformen und Begleiterkrankungen von Hashimoto
Grundsätzlich sind zwei Verlaufsformen zu unterscheiden:
Die atrophe Form → hier wird das Schilddrüsengewebe zerstört, die Schilddrüse bildet sich zurück Die hypertrophe Form → die Schilddrüse vergrößert sich, es kommt zur Knotenbildung (Struma nodosa) und nachfolgend zur Vergrößerung der Schilddrüse. Sie wird als Kropf oder Struma bezeichnet. Unterschieden wird eine diffuse Schilddrüsenvergrößerung ohne Knotenbildung und eine Vergrößerung, die mit der Bildung von Knoten einhergeht.
Bei der überwiegenden Mehrzahl der Betroffenen tritt die Hashimoto-Thyreoiditis alleine, also ohne Begleiterkrankungen, auf. Bei einem kleinen Teil der Patient/innen kommen weitere Autoimmunerkrankungen hinzu wie:
- Typ-A-Gastritis → schmerzlose Magenschleimhautentzündung; als Folge kann Vitamin B12-Mangel auftreten
- Alopezia areata = Kreisrunder Haarausfall + Alopezia areata totalis = vollständiger Körperhaarausfall → beide Erkrankungen treten selten in Verbindung mit Hashimoto auf, sehr selten der totale Haarausfall
- Diabetes mellitus Typ I → tritt selten bei Hashimoto-Thyreoiditis auf, aber etwas häufiger im Vergleich zur Normalbevölkerung
- Entzündliche Darmerkrankungen → Colitis ulcerosa und Morbus Crohn kommen bei Hashimoto-Thyreoidits etwas häufiger vor als in der Normalbevölkerung
- Morbus Addison: Unterfunktion der Nebenniere → charakteristisch vom Erscheinungsbild ist eine Braunfärbung der Haut wie nach einem Urlaub in der Sonne. Ursächlich dafür ist das Hormon Melanocortin das parallel zu ACTH gebildet wird. ACTH ist ein Hormon, das die Nebennniere aktivieren soll, vermehrt Kortison zu bilden. Da aufgrund einer autoimmun bedingten Zerstörung der Nebennierenzellen kein Kortison mehr gebildet wird, wird, ist die Sekretion der Hormone stark erhöht, die die Nebennieren zur Ausschüttung von Kortison bewegen sollen. Und dies sind ACTH sowie das begleitende Melanocortin.
- Myasthenia gravis = schwere Muskelschwäche → die Erkrankung ist von einem schweren fortschreitenden Muskelabbau gekennzeichnet. Auch diese Kombination mit Hashimoto tritt sehr selten auf.
- Prämature Menopause = vorzeitiger Eintritt der Wechseljahre → auch diese Erkrankung tritt selten in Kombination mit Hashimoto auf
- Rheumaerkrankungen → rund 2 % der Patienten mit rheumatoider Arthritis, einer klassischen Rheumaform, entwickeln auch eine Hashimoto-Thyreoiditis
- Vitiligo = Weißfleckenerkrankung → das Immunsystem zerstört die Hautzellen, die für eine Bräunung der Haut zuständig sind. Sie ist harmlos, erhöht aber das Risiko für Hautkrebs.
- Weizenallergie und Weizensensitivität → siehe auch unter den Stichworten im Reformhaus-Fachlexikon
- Zöliakie → siehe auch unter Stichwort Zöliakie
Am häufigsten treten folgende Autoimmunerkrankungen gemeinsam auf. Diese Kombination ist bei etwa 1 % der Hashimoto-Patienten zu beobachten:
- Hashimoto-Threoiditis
- Autoimmune Magenschleimhautentzündung mit Vit. B12-Mangel
- Weißfleckenkrankheit (Vitiliogo)
Weniger häufig tritt die Hashimoto-Thyreoiditis in Kombination mit den in der folgenden Übersicht aufgeführten Erkrankungen auf. Hier werden drei Typen sogenannter Mehrdrüsenerkrankungen unterschieden:
1. Polyglanduläres Autoimmunsyndrom Typ I
- Unterfunktion der Nebenschilddrüsen
- Pilzinfektion von Haut und Schleimhäuten
- Unterfunktion der Nebenniere
- Diabetes mellitus Typ I
- Selten Hashimoto-Thyreoiditis oder Morbus Basedow
2. Polyglanduläres Autoimmunsyndrom Typ II
- Hashimoto-Thyreoiditis oder Morbus Basedow
- Unterfunktion der Nebennieren (Morbus Addison)
- Diabetes mellitus Typ I
3. Polyglanduläres Autoimmunsyndrom Typ III
- Hashimoto-Thyreoiditis oder Morbus Basedow
- Diabetes mellitus Typ I
- Autoimmune Nierenerkrankung
- Autoimmune Veränderung der Blutplättchen (idiopathische thrombozytopenische Purpura)
- Autoimmune Muskelschwäche (Myasthenia gravis)
- Rheumaerkrankungen (Lupus erythematodes)
Therapie der Hashimoto-Thyreoiditis
Eine auf die Ursachen – nämlich die Autoimmenreaktionen - bezogene Therapie gibt es nicht. Da die Sekretion der Schilddrüsenhormone mit fortschreitender Zerstörung des Schilddrüsengewebes nachlässt, wird
Levothyroxin, kurz Thyroxin oder auch T4 genannt, verabreicht. Die Dosis des Medikamentes richtet sich nach dem Ausmaß der noch vorhandenen Sekretion.
Das T4 muss dann noch mittels eines Selen abhängigen Enzyms, einer Dejodase – in die Wirksubstanz T3 umgewandelt werden. Dies funktioniert normalerweise reibungslos. Bei nicht gestörter Sekretion der Schilddrüsenhormone beträgt das Verhältnis zwischen T4 und T3 14:1. Nur bei einer genetisch bedingten Störung dieser Umwandlung kann es sinnvoll sein, ein Kombinationspräparat mit T4 und T3 zu verabreichen. Wichtig ist die Gabe von Levothyroxin 20 bis 30 Minuten vor dem Frühstück, um eine optimale Aufnahme im Magen-Darm-Trakt zu gewährleisten. Folgende Getränke und Lebensmittel können die Aufnahme von Levothyroxin behindern:
- Kaffee
- Milch,
- Schwarztee
- Sojaprodukte
Folgende Arzneimittel und Nahrungsergänzungsmittel können die Wirkstoffaufnahme hemmen:
- Aluminiumhaltige Arzneimittel
- Colestyramin (bei Fettstoffwechselstörungen)
- Magensäureblocker (Protonenpumpeninhibitoren) → erkennbar an der Endung -prazol (Esomeprazol, Lansoprazol, Omeprazol, Pantoprazol)
- Mineralstoffpräparate, die zweiwertige Kationen enthalten wie Calcium, Eisen, Magnesium und Zink; das kann auch für Mineralwässer gelten, die diese Mineralstoffe enthalten. Ein Abstand von 2 Stunden bei der Einnahme sollte gewährleistet sein.
Der Bedarf an Levothyroxin kann steigen, wenn folgende Arzenimittel eingenommen werden:
- Antibabypille → vermehrte Bildung von Bluteiweißen kann zur Bindung von Schilddrüsenhormonen führen
- Östrogenpräparate → gleicher Mechanismus wie bei der „Pille“
- Orale Antidiabetika → können zu Beginn der Gabe von Levothyroxin die Blutzuckerwerte erhöhen, da Schilddrüsenhormone schwache Gegenspieler von Insulin darstellen.
Begleitend zur Gabe von Levothyroxin gibt es auch eine homöopathische Behandlung. Die homöopathische Therapie kann und darf die Gabe von Levothyoxin nicht ersetzen.
Nebenwirkungen einer zu hohen Gabe von Levothyroxin zeigen sich symptomatisch als Reaktionen einer Überfunktion der Schilddrüse (siehe Abschnitt Symptome). Gefährlich ist ein erhöhtes Risiko für Herzrhythmusstörungen, die Vorhofflimmern und Schlaganfälle auslösen können. Zu hohe Gaben fördern auch die Entstehung von Osteoporose.
Ernährung, Lebensstil und Hashimoto
Es ist nicht erwiesen, dass ein gesunder Lebensstil Hashimoto-Thyreoiditis verhindern kann. Allerdings gibt es Hinweise, dass übermäßiger Disstress, also ungesunder Stress, die Krankheitsentstehung fördern und/oder den Krankheitsverlauf negativ beeinflussen kann. Daher sind alle Maßnahmen, die Stress mindernd wirken, sinnvoll.
Wichtig für eine optimal funktionierende Schilddrüse ist die Zufuhr bestimmter Nährstoffe in ausreichender Menge. Die folgenden Vitalstoffe sind besonders wichtig für die Schilddrüsenfunktion:
- Jod → Das Spurenelement wird für den Einbau in die Schilddrüsenhormone benötigt. Es wird häufig davor gewarnt Jod bei Hashimoto-Thyreoiditis zu verzehren. Dies ist für eine Menge im Bereich der Referenzwerte für Jod nicht notwendig. Mit anderen Worten: Jod in einer physiologischen Menge, z.B. über den Verzehr von Seefisch, kann bedenkenlos verzehrt werden. Nur Jodmengen von über 500 µg wie z.B. über den Verzehr bestimmter Algenprodukte kann die Symptome verschlimmern.
- Eisen → Ein eisenhaltiges Enzym ist für die Bildung der Schilddrüsenhormone notwendig.
- Selen → ist Bestandteil der Dejodase, einem Enzym, das für die Umwandlung von T4 in T3 notwendig ist; zudem fällt bei der Herstellung von Schilddrüsenhormonen als Nebenprodukt Wasserstoffperoxid (H2O2) an. Dies ist eine Folge der Einwirkung des Enzyms TPO (= thyreoidale Peroxidase). Das entstehende H2O2 muss rasch abgebaut werden, um eine Schädigung der Schilddrüse zu vermeiden. Hierzu ist das Enzym Glutathionperoxidase notwendig, das Selen abhängig ist.
- Vitamin D → Es gibt Hinweise, dass eine ausreichende Zufuhr von Vitamin D bereits im Säuglingsalter der Bildung von Autoimmunerkrankungen entgegenwirkt. In jedem Fall ist eine Messung des Vitamin-D-Status sinnvoll sowie eine auf dieser Basis beruhende eventuelle Gabe von Vitamin D als Nahrungsergänzung. In den Sommermonaten sollte eine gezielte UV-Therapie die körpereigene Bildung von Vitamin D ankurbeln.
Die Empfehlung bei Hashimoto-Thyreoiditis komplett auf Gluten zu verzichten ist wissenschaftlich nicht gesichert. In Fällen, bei denen neben der Hashimoto-Thyreoiditis eine nachgewiesene Zöliakie oder auch eine Weizenallergie bzw. Weizensensitivität vorliegt, sollte auf Gluten bzw. Weizenprotein verzichtet werden.
Literatur
- Feldkamp, J.: Gut leben mit Hashimoto; Trias Verlag
- www.hashimoto-thyreoiditis.de/symptome/krankheitsverlauf-von-hashimoto-thyreoiditis
⇒ Calcium, Diabetes, Eisen, Jod, Kaffee, Krebs, Kupfer, Magneisum, Omega-3-Fettsäuren, Soja, Selen, Vitamin D, Vitamin E, Weizen Zink, Zöliakie